Arzneimittel richtig anwenden

Tabletten oder Kapseln - um die richtige Einnahme ranken sich viele Mythen. Was stimmt? Die Vizepräsidentin der Bundesapothekerkammer, Ursula Funke, hat in der Online-Ausgabe der „BILD“ ausführlich dazu aufklären können. Insgesamt ging es um 15 Fragen der Redaktion, die Ursula Funke beantworten sollte. Hier die Antworten in einer Kurzzusammenfassung:

1. Tabletten sollte man immer nach dem Essen einnehmen

Bestimmte Pillen sollten man durchaus nach dem Essen einnehmen (Präparate gegen zu viel Magensäure). Andere Medikamente hingegen müssen etwa 30 Minuten vor dem Essen eingenommen werden (etwa Schilddrüsenhormone). Ursula Funke: „Der Körper nimmt beispielsweise Schilddrüsentabletten ohnehin schlecht auf. Daher ist es wichtig, dass sie bei leerem Magen eingenommen werden.“

2. Tabletten niemals mit Milch einnehmen
Das in der Milch enthaltene Calcium kann verschiedene Medikamente unwirksam machen, z.B. einige Antibiotika. „Das liegt daran, dass das Calcium bestimmte Wirkstoffe chemisch binden kann“, so Ursula Funke. „Und dann kann der Körper sie nicht mehr aufnehmen.“ Und noch ein Tipp für Fruchsäfte. „Säfte können die Wirkstoffe der Medizin verändern“, so die BAK-Vizepräsidentin. Grundsätzlich gilt: Tabletten immer mit Wasser einnehmen!

3. Nahrungsergänzungsmittel helfen auch gegen Krankheiten
 „Das ist so nicht richtig“, stellt die Expertin klar. „Denn wenn die Mittel eine arzneiliche Wirkung hätten, wären sie als Medizin zugelassen.“ Total sinnlos seien Nahrungsergänzungsmittel aber nicht, so Funke: „Wer einen Mangel hat, den er über die Nahrung nicht ausgleichen kann, kann in Absprache mit Arzt oder Apotheker durchaus entsprechende Präparate zu sich nehmen.“

4. Medikamente können mehr schaden als nutzen
Es gebe Menschen, die anfälliger sind als andere, so Apothekerin Funke. „Und außerdem gibt es wohl nichts im Leben, das keine Nebenwirkungen hat.“ Sogar Schokolade: „Würde man da die Vorschriften anwenden, die für Medikamente gelten, und einen entsprechenden Beipackzettel schreiben, naschen Sie nie wieder“, so die Expertin.

5. Abgelaufene Medikamente entsorgt man am besten in der Toilette
Auf gar keinen Fall, weil es ins Grundwasser gelangen kann und somit zurück in den Wasserkreislauf kommt. „Darum gilt: Alte Medikamente in eine Tüte packen, zubinden – und ab in die Restmülltonne“, rät Ursula Funke. „Der Müll wird dann später verbrannt.“ Packungsbeilagen und Pappverpackungen bitte in den Papiermüll.

6. Rezeptfreie Medikamente wirken nicht richtig
Rezeptfrei sind meist jene Medikamente, deren Verträglichkeit besonders gut erforscht ist, das heißt es gibt nur wenig Nebenwirkungen. Ursula Funke dazu: „Sie sind in der Regel schon lange erprobt, sämtliche potenzielle Nebenwirkungen gut dokumentiert.
.
7. Frei verkäufliche Medikamente haben keine Nebenwirkungen
„Alles, was eine Wirkung hat, hat theoretisch auch eine Nebenwirkung“, so die BAK-Vizepräsidentin. „Ein Beispiel: Der Wirkstoff, der in Medikamenten gegen Übelkeit steckt, ist auch in jenen enthalten, die bei Schlaflosigkeit eingesetzt werden. So wäre hier also die Nebenwirkung: Müdigkeit. Also sollte man bei einer Arznei gegen Übelkeit das Autofahren sein lassen.“

8. Schmerzmittel verhelfen Sportler zu besseren Leistungen
Ursula Funke: „Schmerzen haben eine Warnfunktion, der Körper gibt ein eindeutiges Signal. Wer das ignoriert, bzw. durch Schmerzmittel unterdrückt, riskiert schlimme Verletzungen und schädigt unter Umständen seine Nieren.“

9. ASS hilft gegen einen Kater
„Wer empfindlich ist, sollte diese Methode nicht wählen. Durch die ASS-Tabletten werden die Schleimhäute des Magens angegriffen“, so Ursula Funke. „Das beste Mittel gegen einen Kater ist jedoch immer, weniger Alkohol zu trinken.“

10. Wechselwirkungen lassen sich nie ganz vermeiden
Die BamS-Redaktion verweist hier auf den Medikationsplan, den der Arzt ab drei Medikamenten kostenlos erstellt. In der Apotheke sollte der Medikationsplan immer vorgelegt werden, damit der Apotheker potenzielle Nebenwirkungen im Vorfeld erkennen und verhindern kann. „Außerdem ist es wichtig, die Wirkstoffe gut auszusuchen und aufeinander abzustimmen oder eben nach Alternativen zu suchen“, sagt Ursula Funke, die es auch für sinnvoll hält, wenn man sich eine Stammapotheke sucht, in der es vielleicht sogar eine Kundenkarte gibt.

11. Tabletten mit Bruchrille kann man durchbrechen
„Einige Tabletten haben eine sogenannte Schmuckrille“, weiß Apothekerin Ursula Funke. „Diese darf man nicht aufbrechen, weil man dann die Schutzummantelung beschädigen würde. Die jedoch ist wichtig, weil sie den Wirkstoff vor der Magensäure schützt und die Tablette sich erst im Dünndarm auflösen soll.“ Wer also eine Tablette zerbricht, die nicht dafür vorgesehen ist, hat am Ende gar nichts davon, weil sie sich zu früh – im Magen – auflöst und der Wirkstoff nicht im Darm aufgenommen werden kann. „Das ist wie bei einem Laib Brot: Die Kruste schützt das Brot. Schneiden Sie es auf, wird es an den Schnittflächen schneller trocken“, so die Expertin.

12. Medikamente nimmt man am besten nur so lange ein, wie die Beschwerden anhalten
Das stimmt nicht immer, so die Redaktion. Klar, bei Hals- und Kopfschmerzen z.B. muss man keine weiteren Mittel schlucken, um die Symptome zu bekämpfen, wenn es einem bessergeht. Anders sieht es bei chronischen Krankheiten aus: Bluthochdruck merkt man nicht, ebenso wenig einen zu hohen Cholesterinspiegel, Asthma auch nicht immer. „Wer aber glaubt, deswegen seine Medizin nicht einnehmen zu müssen, weil gerade alles gut scheint, kann sich in Gefahr bringen“, warnt Funke. „An eine Dauermedikation muss man sich vorschriftsmäßig halten.“

13. Antibiotika sollte man nur im äußersten Notfall einnehmen
„Antibiotika helfen nur gegen bakterielle Infektionen. Bei viralen Infektionen, dazu können auch Erkältungen gehören, bringen sie nichts“, sagt Ursula Funke. Den Unterschied kann der Arzt in der Regel gut bestimmen. Und Mediziner verordnen Antibiotika auch nicht leichtfertig. „Wer zu früh mit der Einnahme aufhört, fördert Resistenzen, mit der Folge, dass das Antibiotikum unwirksam wird.“

14. Medikamente wirken länger, als beim Verfallsdatum angegeben ist
„Beim aufgedruckten Datum ist wirklich Schluss“, stellt Ursula Funke klar. „Es ist eben keine Mindesthaltbarkeit, sondern ein Verfallsdatum.“ Wer danach die Arznei einnehme, riskiere Nebenwirkungen. Und: Der pharmazeutische Unternehmer haftet dann nicht mehr für die Qualität.

15. Arzneimittel können süchtig machen
Grundsätzlich sollten Arzneimittel immer in Absprache mit Arzt oder Apotheker eingenommen werden und die Therapiedauer hier genau für den Betroffenen abgestimmt werden. „Viele Medikamente sind aus gutem Grund verschreibungspflichtig“, sagt Ursula Funke. „Vor der Verschreibung erfolgt immer eine Beratung durch den Arzt und in der Regel auch durch die Experten in der Apotheke.“ Wer Medizin vorschriftsmäßig einnimmt, kann nicht süchtig werden.

zurück zur Übersicht