Kurzinterview mit Manfred Weber
Manfred Weber, ist der Vorsitzende der größten Fraktion im EU-Parlament, der Europäischen Volkspartei. Wir haben mit dem CSU-Politiker ein Interview über die Apotheken in der Corona-Krise, die Lieferengpässe von Arzneimitteln und den EU-Haushalt geführt.
ABDA-Newsroom: „Herr Weber, jeden Tag müssen Apothekenteams in ganz Europa mit dem Thema Lieferengpässe umgehen. Wie nehmen Sie die Arbeit der Kolleginnen und Kollegen in den Apotheken auch in Zeiten der SARS-CoV-2-Pandemie wahr?"
Manfred Weber: „Wir sind dem Einsatz des gesamten Personals in den Apotheken, in den Krankenhäusern, Pflegeheimen und vielen anderen Bereichen sehr dankbar. Ihre großartige Arbeit und der enorme Einsatz haben uns vor dem Kollaps des Gesundheitssystems bewahrt. Umso wichtiger ist es natürlich, die Grundvoraussetzungen, etwa in Form ausreichender Versorgung mit medizinischen Produkten, zu gewährleisten und den Apothekern diese Last zu nehmen. Zumal die Gefahr einer zweiten Welle nicht gebannt ist: Wir sollten uns nicht der Illusion hingeben, die Krise wäre überstanden. Wir müssen weiterhin wachsam bleiben. Im eigenen Interesse, im Interesse der Mitmenschen und nicht zuletzt auch aus Rücksicht auf die Menschen, die im Gesundheitsbereich arbeiten."
ABDA-Newsroom: „Vor dem Hintergrund der Kürzungen im Gesundheitsbereich des EU-Haushalts, wie wichtig sind jetzt Veranstaltungen in Brüssel, wie die im Dezember geplante ABDA-Konferenz, auf der über das Problem der Lieferengpässe bei Arzneimitteln gesprochen werden soll?"
Manfred Weber: „Der Mangel an Medikamenten und die Auslagerung großer Teile der Arzneimittelproduktion ist eine grundlegende Schwäche für Europa. Wir sind einer der reichsten Kontinente der Welt, aber im Zuge einer fortschreitenden Globalisierung auch einer der am stärksten abhängigen. Wir müssen deshalb in einigen essenziellen Bereichen unsere Autonomie zurückgewinnen. Diese Idee wird in Brüssel verstanden. Entscheidend ist jetzt, dass die Regierungen und Parlamente der Mitgliedstaaten sich den Bemühungen anschließen. Nur ein gemeinsamer, europaweiter Ansatz kann auf Dauer eine Lösung sein."
ABDA-Newsroom: „Sie haben die geplanten Kürzungen bei Forschung und Gesundheitswesen in der langfristigen Etatplanung der Europäischen Union mit deutlichen Worten kritisiert. Wie geht es jetzt weiter?"
Manfred Weber: „Der vom Europäischen Rat vorgelegte Vorschlag spiegelt nicht die Prioritäten des Europäischen Parlaments wider. Es ist aus unserer Sicht beispielsweise nicht zukunftsgerichtet, dass die Gesundheits- und Forschungsambitionen Europas mitten in einer Pandemie beschnitten werden. Die EVP-Fraktion wird versuchen, größtmöglichen Druck auf die Mitgliedstaaten und die Kommission auszuüben, damit diese und andere Fehlentwicklungen korrigiert werden. Einen ersten Schritt hat das Europäische Parlament bereits gemacht, indem es vorvergangene Woche das europäische Haushaltspaket in seiner jetzigen Form nicht akzeptierte und in einer Resolution Nachforderungen formulierte. Kernpunkte der von uns geforderten Nachbesserungen sind unter anderem die Bereiche Forschung und Gesundheit."