Apothekenpflicht von Homöopathika

Der Präsident der Bundesapothekerkammer, Thomas Benkert, hat dem "Deutschen Zentralverein homöopathischer Ärzte – Landesverband Bayern" ein Interview gegeben. Benkert wurde in seiner Funktion als Präsident der Bayerischen Landesapothekerkammer befragt. Das Interview ist am 18. Januar 2021 erschienen.

DZVhÄ: „Neben einem reichhaltigen Fortbildungsangebot steht auch die Weiterbildung Homöopathie und Naturheilverfahren bei der Bayerischen Landesapothekerkammer seit über 15 Jahren auf dem Programm. Wie kam es dazu, dass die Homöopathie Eingang in das Curriculum gefunden hat?“

Thomas Benkert: „Nachdem sich immer mehr Apothekerkammern einzelner Bundesländer für eine einheitliche Weiterbildung einsetzten, hat die Bundesapothekerkammer als Arbeitsgemeinschaft aller Apothekerkammern an einem Curriculum und an Durchführungsempfehlungen für diese Weiterbildung gearbeitet. Nach intensiven Vorarbeiten wurden schließlich die Empfehlungen von der Mitgliederversammlung der Bundesapothekerkammer verabschiedet und somit der Startschuss für diese Weiterbildung auch bei uns in Bayern gegeben. Wie Sie sich erinnern können, haben wir noch im Jahr 2003 den Kontakt zu Ihnen und dem Landesverband Bayern des DZVhÄ aufgenommen, um uns über die konkrete Ausgestaltung unseres ersten Pilotkurses auszutauschen. Das war der Beginn einer jahrelangen, bis heute anhaltenden Zusammenarbeit.“

DZVhÄ: „Wie viele Apothekerinnen und Apotheker haben Sie in Bayern seit Bestehen des Curriculums mit der Homöopathie in Verbindung bringen können? Und wie ist die Resonanz der zahlreichen Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer?“

Thomas Benkert: „Bis heute haben 720 Kolleginnen und Kollegen das Recht zum Führen der Bereichsbezeichnung Homöopathie und Naturheilverfahren erworben. Die Resonanz war in all den Jahren immer gut bis sehr gut. Die Praxisrelevanz der Seminare, die Fallbeispiele aus der täglichen Arbeit der Referenten und die dadurch erfahrbare Sicherheit im Umgang mit den doch zum Teil recht komplexen Fragestellungen schätzen unsere Absolventinnen und Absolventen sehr.“

DZVhÄ: „Es gibt in Bayern eine Apothekerin, die medienwirksam die Homöopathie aus ihrem Apothekensortiment entfernt und sich von der Methode abgewandt hat. Ist das besonders mutig oder fällt sie damit Ihren zahlreichen Kolleginnen und Kollegen in den Rücken, die den Weg genau andersherum gewählt haben, nämlich hin zur Homöopathie?“

Thomas Benkert: „Jede Heilberuflerin und jeder Heilberufler muss zum einen für sich, aber zum anderen und vor allem auch zum Wohl seiner sich ihm anvertrauenden Patientinnen und Patienten entscheiden, welche Wege zum Ziel führen. Diese müssen mit seiner Berufsauffassung und seiner Erfahrung im Einklang stehen. Es wäre aus meiner Sicht falsch, sich medienwirksam gegenseitig an den Pranger zu stellen.“

DZVhÄ: „Viele Kunden kaufen homöopathische Arzneien zum Zweck der Selbstbehandlung, also ohne Konsultation von Ärzten. Resultiert hieraus nicht eine ganz besondere Verantwortung hinsichtlich der Beratungskompetenz und Beratungsbereitschaft bei Apothekerinnen und Apothekern? Ist diese Kompetenz ausreichend gesichert oder kann bzw. sollte sie weiter gestärkt werden?“

Thomas Benkert: „Genau das ist ja der Grund, warum Homöopathie und Naturheilverfahren in der Aus-, Fort- und Weiterbildung der Apotheker verankert sind. Und ja, es macht aus meiner Sicht absolut Sinn auch weiterhin in diesem Bereich ein ausreichendes Qualifikationsangebot für die Apotheker anzubieten. Schließlich ist die Beratungspflicht insbesondere in der Selbstmedikation in der Apothekenbetriebsordnung verankert – auch, um die Grenzen der Selbstbehandlung beim Patienten zu erkennen, ihm zu verdeutlichen und gegebenenfalls an einen Arzt zu verweisen.“

DZVhÄ: „Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen erwünschter Patientensicherheit einerseits und dem Erhalt der Apothekenpflicht für homöopathische Arzneien? Wenn ja: wie würden Sie diesen Zusammenhang definieren?“

Thomas Benkert: „Bei Homöopathika handelt es sich um Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes. Deshalb gelten auch für sie alle rechtlichen Vorgaben zu Qualität und Sicherheit. Aufgrund der fehlenden Möglichkeit, Indikationen anzugeben und damit zu werben, sind gerade diese Arzneimittel besonders beratungsbedürftig. Deshalb und auch mit Blick auf die Beratungspflicht nach Apothekenbetriebsordnung ist es immens wichtig, dass homöopathische Arzneien weiterhin der Apothekenpflicht unterliegen, um auch im wohlverstandenen Interesse des Verbraucher- und Patientenschutzes eine sach- und fachgerechte kompetente Beratung sicherstellen zu können. Das können Drogeriemärkte oder andere Vertreiber freiverkäuflicher Arzneimittel meiner Meinung nach nicht leisten. Gerade auch wenn es darum geht, von ungeeigneten Medikamenten oder Therapieversuchen der Patienten abzuraten. Wir als Fachleute für pharmazeutische Fragestellungen können dann gegebenenfalls auch sehen, wenn eine Patientin oder ein Patient vielleicht eine andere Medikation benötigt. Durch unsere Beratung können wir hier steuernd mitwirken. Die Apothekenpflicht schützt den Patienten und stellt somit unzweifelhaft einen wichtigen Baustein aktiven Verbraucherschutzes dar.“

DZVhÄ: „Sie kennen Ihre Kolleginnen und Kollegen und deren Interessen und Wünsche seit vielen Jahren. Was sollte Fortbildung im Bereich Homöopathie in Zukunft und in erster Linie berücksichtigen, um eine optimale Kundenbetreuung in den Apotheken und größtmögliche Sicherheit für Patienten zu gewährleisten?“

Thomas Benkert: „Die Fortbildung muss einen hohen Praxisbezug haben, soll einerseits Themen mit hoher Beratungsrelevanz aufgreifen und andererseits auch die homöopathische Herangehensweise unserer ärztlichen Kolleginnen und Kollegen so vermitteln, dass die Heilberufler auf demselben Level miteinander kommunizieren können, also die Sprache des anderen gut verstehen. Für Apothekerinnen und Apotheker kommt darüber hinaus auch immer die Erfordernis guter Kenntnisse des speziellen pharmazeutischen Rechts hinzu, das schon im dritten Ausbildungsabschnitt gelehrt wird und auch im Rahmen der weiteren Qualifikationsmaßnahmen immer wieder einmal vertieft werden sollte.“