Apotheker stellen Lauterbach Fragen und kündigen Protest an

Gabriele Regina Overwiening hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach aufgefordert, sich endlich um die Stärkung der Apotheken vor Ort zu kümmern. Nach sechs abgelehnten Gesprächsangeboten durch den Minister hat die ABDA-Präsidentin genug und hat den 27. September zum "Tag der Antworten“ erklärt.

An diesem Tag wird der Minister beim diesjährigen Deutschen Apothekertag live zugeschaltet und soll dort sechs Fragen der Apothekerschaft beantworten, kündigte Overwiening am Mittwochvormittag in der Bundespressekonferenz gegenüber den Hauptstadtjournalisten an. Doch nicht nur das, so die ABDA-Präsidentin: "Damit alle Apothekenteams in Deutschland die Möglichkeit bekommen, dieser für ihre Zukunft so wichtigen Antworten-Rede des Bundesgesundheitsministers zu folgen, werden die Landesapothekerverbände den Apotheken empfehlen, ihre Türen am Nachmittag des 27. September zu schließen". Selbstverständlich werden die Notdienst-Apotheken die Versorgung von Notfällen an diesem Nachmittag sichern. Den Apotheken wird dazu ein Plakat mit dem Profil Lauterbachs und dem Text: "Wir bleiben geschlossen. Weil Lauterbach uns Antworten schuldet!“ von der ABDA angeboten, dass in der Offizin eingesetzt werden kann.

Für die ABDA-Präsidentin gibt es sechs existenziellen Fragen der Apothekerschaft, die Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach schlüssig beantworten muss:

1) Die Apotheken sind länger als ein ganzes Jahrzehnt von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt. Während die GKV-Einnahmen, das BIP und die Löhne um ein Vielfaches gestiegen sind, hat sich das Apothekenhonorar kaum verändert. Das Apothekenhonorar macht nach wie vor nur einen Bruchteil, nämlich 2 Prozent, an den Gesamtausgaben der Kassen aus. Deswegen stellen wir der Bundesregierung die Frage:

Warum weigern Sie sich, die Honorierung der Apotheken nach mittlerweile elf Jahren Stillstand an die wirtschaftliche Gesamtentwicklung anzupassen, obwohl sich die Regierungsparteien in ihrem Koalitionsvertrag die Stärkung der Apotheken vor Ort zum Ziel gesetzt haben?

2) Alleine der Verbraucherpreisindex ist seit unserer letzten Honoraranpassung im Jahr 2013 um rund 38 Prozent gestiegen. Das entspräche einem Plus beim Fixhonorar von 3 Euro pro Packung:

Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass in Zukunft wichtige wirtschaftliche Faktoren, wie etwa die Inflation oder der Verbraucherpreisindex, in der Höhe des Apothekenhonorars regelmäßig berücksichtigt werden?

3) Gemeinsam mit den Ärztinnen und Ärzten haben die Apotheken in Sachsen und Thüringen zuletzt eindrucksvoll gezeigt, dass sogar die Mortalität sinkt, wenn multimorbide Patienten an einem strukturierten Medikationsmanagement teilnehmen:

Wie und wann wird die Bundesregierung die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass Versicherte Anspruch auf ein interprofessionelles Medikationsmanagement, wie im Modellprojekt ARMIN demonstriert, bekommen?

4) Die Apothekenzahl befindet sich im Sinkflug:

Wie will die Bundesregierung die Apotheken vor Ort dabei unterstützen, die flächendeckende Arzneimittelversorgung - auch in ländlichen Regionen - in Zukunft sicherzustellen?

5) Die Apotheken arbeiten schon seit Jahren hochdigitalisiert. In den kommenden Jahren sollen aber auch die Patientinnen und Patienten immer mehr digitale Anwendungen, wie beispielsweise das E-Rezept und die E-Patientenakte, bekommen. Leider sind hier auch unerfreuliche Entwicklungen zu erkennen. Wir fragen uns:

Wie will die Bundesregierung den Schutz des besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen den Heilberufen einerseits und den Patientinnen und Patienten andererseits gewährleisten, wenn die Krankenkassen, wie im Entwurf des Gesundheitsdatennutzungsgesetzes vorgesehen, die Daten ihrer Versicherten patientenbezogen auswerten und diesen Hinweise zu Gesundheitsrisiken geben dürfen?

6) Nicht nur die Apothekenteams, sondern auch die pharmazeutischen Großhändler blicken mit Sorge auf eine Erkältungssaison voller Lieferengpässe. Die Bemühungen im ALBVVG reichen nicht aus, um Lieferengpässe nachhaltig zu bekämpfen. Das Kernproblem bleibt, dass die Preise gerade im Generikabereich viel zu niedrig sind, um die Herstellung wieder nach Europa zurückzuholen:

Warum ist die Bundesregierung nicht bereit, die einseitige Wirtschaftlichkeitsorientierung in der Arzneimittelversorgung (etwa im Rabattvertragsbereich) zurückzudrehen, um die Liefersituation endlich zu verbessern?

Overwiening machte deutlich: "Am 27. September 2023 ist der Tag der Antworten. Wir Apotheken liefern jeden Tag und machen oft Unmögliches möglich. Heute in drei Wochen hat nun Minister Lauterbach zu liefern und muss nur Mögliches möglich machen: Ganz einfach Antworten", machte Overwiening deutlich.  

Ihr Appell: "Deswegen, Herr Minister Lauterbach: Beantworten Sie unsere Fragen ob und wenn ja, wie Sie die wohnortnahe Arzneimittelversorgung über die Apotheken vor Ort für die Menschen in diesem Land sichern wollen - anstatt sich als ehrgeiziger Geburtshelfer für redundante und überteuerte neue Strukturen zu inszenieren. "  

Overwiening stellte auf der Pressekonferenz auch die Ergebnisse der Postkartenaktion vor. Auf hunderttausenden handschriftlich ausgefüllten Postkarten hatten Kundinnen und Kunden von Apotheken in eigenen Worten erklärt, warum ihnen ihre Apotheke vor Ort so wichtig ist. Die ABDA-Präsidentin: "Wir haben die für uns zuständigen Bundesminister Robert Habeck und Karl Lauterbach um einen Übergabetermin gebeten. Während der Bundeswirtschaftsminister bereits abgelehnt hat, warten wir noch auf eine Antwort des Bundesgesundheitsministers." Am 27. September kann Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach nun nicht mehr schweigen. 

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