Berufspolitik beim pharmacon
Der Donnerstagnachmittag (18.1.) des pharmacon Schladming war der berufspolitischen Diskussion gewidmet. Den Fragen der Teilnehmenden des Fortbildungskongresses stellten sich neben dem Präsidenten der Bundesapothekerkammer Thomas Benkert auch ABDA-Vizepräsident Mathias Arnold und ABDA-Hauptgeschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz. Moderiert wurde die Veranstaltung von Ursula Funke, Vizepräsidentin der Bundesapothekerkammer, und Dr. Dr. Georg Engel, Mitglied des Geschäftsführenden Vorstands der Bundesapothekerkammer.
Einleitend präsentierte Schmitz einen Überblick über die politische Lage und einen kurzen Rückblick auf das Jahr 2023. Schwerpunkte waren die Honorarforderungen der Apothekerschaft, die Lieferengpässe, die durch das ALB-VVG erreichten Kompetenzerweiterungen und die pharmazeutischen Dienstleistungen. Für das Jahr 2024 hat der Bundesgesundheitsminister diverse Gesetzesvorhaben angekündigt. Am Dienstag dieser Woche wären zum Beispiel die Eckpunkte für eine Notfallreform präsentiert worden, die auch die Apotheken unmittelbar betreffen. Neben weiteren Gesetzen stünde auch ein Apothekenreformgesetz auf der Agenda des Bundesgesundheitsministeriums, zu dem im Dezember 2023 Eckpunkte bekannt wurden.
Schmitz rechnete damit, dass die meisten Gesetzesvorhaben im Lauf des Jahres 2024 umgesetzt werden sollen. Die größte Sorge für die Apothekerschaft sei laut Schmitz die unzureichende Honorierung der Apotheken, die sich auch in der deutlichen Abnahme der Apothekendichte zeige. Eine Chance erkannte Schmitz in den Überlegungen, dass ab 2027 das Honorar der Apotheken zwischen dem Deutschen Apothekerverband und dem GKV-Spitzenverband verhandelt werden solle, weil dies zu einer regelmäßigen Anpassung der Vergütung führen könnte.. Zentrale politische Forderungen der ABDA seien erstens, dass die Vergütung der Apotheken sofort angepasst würde und zweitens, dass es auch in Zukunft keine Apotheke ohne Apotheker bzw. Apothekerin gäbe.
Den Eindruck eines Teilnehmers, dass die Apothekerschaft "die einzige Berufsgruppe sei, die politisch nicht gehört" werde, hinterfragte Schmitz mit Verweis auf die bereits erreichten Verbesserungen – allerdings sei festzustellen, dass die berechtigen Forderungen nach mehr Honorar bislang nicht gefruchtet hätten. Benkert begrüßte die in den Eckpunkten des Bundesgesundheitsministeriums aufgeführte erleichterte Einrichtung von Zweigapotheken.
Ein Teilnehmer kritisierte die vermeintliche "Unterwürfigkeit" des DAV in Verhandlungen zur Honorierung von Rezepturen. Arnold erläuterte, dass der DAV ebenfalls unzufrieden wäre mit den Verhandlungen mit den Krankenkassen – und deshalb auch die Anlagen der Hilfstaxe gekündigt hätte. Er rief die anwesenden Apothekerinnen und Apotheker auf, die hergestellten Rezepturarzneimittel entsprechend der aktuellen Regeln abzurechnen. Bei Retaxationen riet Arnold allen Apothekerinnen und Apothekern, sich an ihren Landesapothekerverband zu wenden.
Arnold erläuterte die Gegenvorschläge der ABDA zu den Eckpunkten des Gesundheitsministers. Grundsätzlich sei es die Aufgabe des Staats, die Apotheken so zu honorieren, dass die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln gesichert werden könne. Es sei Aufgabe der Politik, einen rechtlich verbindlichen Rahmen vorzugeben, innerhalb dessen der DAV mit den Krankenkassen über das Apothekenhonorar verhandeln bzw. eine evtl. Schiedsstelle entscheiden könne.
Funke fragte nach dem Retaxverzicht bei E-Rezepten, das der DAV diese Woche gefordert hatte. Ein Teilnehmer hatte hinterfragt, warum der DAV nicht den Verzicht auf alle Null-Retaxationen fordern würde. Arnold erläuterte, dass er großes Verständnis für Maximalforderungen hätte – diese aber nicht immer erfolgreich umsetzbar sind. Arnold erinnerte daran, dass die ABDA, anders als mit Vertragspartnern, mit der Politik nicht verhandeln könne. Stattdessen könnten ABDA-Vertreterinnen und -Vertreter faktenbasierte und authentische Positionen vortragen, um damit Politikerinnen und Politiker zu überzeugen. Benkert weist darauf hin, dass die ABDA im Jahr 2023 eine politische Eskalation umgesetzt hat – vom bundesweiten Protesttag am 14. Juni bis zu den vier Regionaldemonstrationen im November 2023. Weitere politische Gespräche seien geplant.
Benkert wurde nach der Zukunftsvision der BAK gefragt. Er verwies auf seine Rede zur Eröffnung des diesjährigen pharmacon und nannte als Stichworte die Nachwuchsförderung, die Approbationsordnung und die pharmazeutischen Dienstleistungen. Er bekräftigte, dass es auch in Zukunft keine Apotheke ohne Apothekerinnen und Apotheker geben dürfe. Bei der Novellierung der Approbationsordnung wäre beabsichtigt, Apothekerinnen und Apotheker weiterhin als pharmazeutische Generalistinnen und Generalisten auszubilden. Deshalb sei eine Verlängerung des Pharmaziestudiums erforderlich.
Ein Teilnehmer fragte nach einer angemessenen Honorierung von Dienstleistungen wie zum Beispiel Impfungen in der Apotheke. Arnold erläuterte, dass dies von der Schiedsstelle entschieden worden sei – aber der DAV würde vortragen, dass diese Honorierung dynamisiert werden müsse.
Eine Teilnehmerin wünschte sich die Abschaffung der Präqualifizierung. Arnold zeigte dafür große Sympathie – musste aber darauf verweisen, dass sich die Krankenkassen derzeit den Verhandlungen de facto verweigern würden.
Engel trug den Wunsch eines Teilnehmers vor, dass statt eines einwöchigen Fortbildungskongresses Wochenend-Kongresse in Deutschland stattfinden sollen. Benkert erläuterte die Konzepte des pharmacon@home oder die nachträgliche Teilnahme beim pharmacon on demand. Zudem sei die zeitliche Belastung durch mehrere Wochenenden eher höher als bei einer Fortbildungswoche, auch durch die Fahrtwege.