Europa mit mehr Gesundheitspolitik: ZAEU und ABDA schauen genau hin
Europa fit machen für die Zukunft: Die Europäische Kommission hat sich im Gesundheitsbereich viel vorgenommen. Die ZAEU (Zusammenschluss der Apotheker in der Europäischen Union, engl. PGEU) und die ABDA beschäftigen sich deshalb aktuell mit mehreren Themen, wie ABDA-Vizepräsident Mathias Arnold gegenüber dem ABDA-Newsroom berichtet. Arnold ist Delegationsleiter der ABDA bei der Europäischen Union und somit der „Außenminister“ der deutschen Apothekerschaft.
Seit über einem Jahr befindet sich das Gesetz für einen europäischen Gesundheitsdatenraum (European Health Data Space - EHDS) im politischen Verfahren. Aktuell liegt der Entwurf der Europäischen Kommission beim Ministerrat. Danach folgt dann das Europäische Parlament mit mehreren Lesungen. ABDA und ZAEU haben jeweils eigene Positionspapiere dazu erstellt und begrüßen grundsätzlich den Vorschlag, den Zugang zu Gesundheitsdaten in der gesamten Union für die Verbesserung der Therapien zu erleichtern. Kritische Punkte aus Apothekensicht gibt es aber auch, wie die geplante Sekundärnutzung elektronischer Gesundheitsdaten. "Wir sehen nach wie vor Widersprüche im Zusammenhang mit den vorgesehenen Offenlegungspflichten für Heilberufler als Dateninhaber", so Arnold. Neben den eigentlichen Patientendaten ist auch vom Preisgeben der Verwaltungsdaten, einschließlich der kompletten Abrechnungsdaten, die Rede. "Wir warnen hier vor Missbrauch", fügt er hinzu. Gänzlich offen ist die Frage der Finanzierung der Strukturen und des Wertes der Daten, die dann zwar mit einer öffentlichen Infrastruktur erhoben und gespeichert aber möglicherweise privatwirtschaftlich genutzt werden.
Mit einem Pharmapaket will die Kommission den EU-Bürgern einen besseren Zugang zu Medikamenten ermöglichen. Bei diesem EU-Reformvorschlag sieht Mathias Arnold noch viele offene Punkte. Zum Beispiel, dass die EU-Kommission angesichts wachsender Antibiotikaresistenzen plant, generell antimikrobielle Arzneimittel – wie z.B. Cremes gegen Hautpilze oder Herpes-Infektionen am Mund - unter die Verschreibungspflicht zu stellen. Betroffene Patientinnen und Patienten müssten sich also beim Arzt ein Rezept holen. Arnold: "Sollte die EU-Kommission solche Präparate künftig als verschreibungspflichtig einstufen, wäre dies in Deutschland mit deutlich mehr Arztkontakten sowie Mehrkosten für die gesetzliche Krankenversicherung verbunden.". Ein zweiter Punkt ist die geplante Ablösung der Packungsbeilage durch eine digitale Version. "Wir sind nach wie vor der Meinung, dass eine elektronische Information eine gedruckte Packungsbeilage nur ergänzen, aber nicht ersetzen kann."
Personell wird sich im kommenden Jahr turnusgemäß an der ZAEU-Spitze etwas ändern. Auf der ZAEU-Jahresversammlung wurde vor kurzem Aris Prins vom Königlichen Niederländischen Apothekerverband zum neuen Präsidenten gewählt. Zum Vizepräsidenten wurde Dimitar Marinov von der Bulgarischen Pharmazeutischen Union bestimmt. Beide werden ihr Mandat am 1. Januar 2024 antreten. Als größte Herausforderungen sieht Aris Prins den Kampf gegen die Lieferengpässe von Arzneimitteln an. "Ich gratuliere Aris Prins und Dimitar Marinov zur Wahl. Das Problem der Lieferengpässe wird uns sowohl in Deutschland als auch in Europa noch lange beschäftigen. Von heute auf morgen können Produktionsketten nicht neu justiert werden. Gut ist, dass das Problem in der Politik auch Dank der Hilferufe der Patienten und Apotheker angekommen ist und an Lösungen gearbeitet wird." Die ZAEU-Jahresversammlung fand vom 12. bis 14. Juni 2023 statt. Zur deutschen Delegation gehörten ABDA-Vizepräsident Mathias Arnold, der Leiter des ABDA-Europabüros Dr. Jens Gobrecht und Europajurist Michael Jung aus dem Geschäftsbereich Recht der ABDA.