"Prisma": Müller warnt vor Wechselwirkungen
"Ich nehme oft Schmerzmittel ein, wenn mein Rücken so weh tut. Aber nur rezeptfreie, die sind harmlos und die kann man im Ausland sogar im Supermarkt kaufen", berichtete mir eine 64-jährige Taxifahrerin in der Apotheke. Aus meiner Erfahrung weiß ich, dass rezeptfrei bei Arzneimitteln oft mit harmlos gleichgesetzt wird — das stimmt aber nicht immer.
Am Morgen nach einer Party mal eine Schmerztablette mit lbuprofen einzunehmen, ist in der Tat meist gut verträglich. Anders sieht es auch bei so weit verbreiteten Medikamenten wie lbuprofen dann aus, wenn höhere Dosierungen oder die Tabletten häufiger als drei Tage pro Monat eingenommen werden. Deshalb sind hoch dosierte lbuprofen-Tabletten auch verschreibungspflichtig. Man muss auch einige Wechselwirkungen beachten.
Weil die Patientin eine Stammkundin war, wusste ich, dass sie gegen ihren hohen Blutdruck rezeptpflichtige Arzneimittel einnimmt. "lbuprofen mag alleine relativ harmlos sein — aber das verträgt sich leider überhaupt nicht mit ihren Blutdrucksenkern. Die Kombination kann Ihre Nieren massiv schädigen", erklärte ich ihr. Für die Wechselwirkung gibt es sogar einen Spitznamen: Dreifachschlag, englisch Triple Whammy. Der Dreifachschlag kann immer dann auftreten, wenn gleichzeitig wasserausschwemmende Diuretika, ein Blutdrucksenker vom Typ der ACE-Hemmer oder Sartane und lbuprofen oder viele andere rezeptfreie Schmerzmittel eingenommen werden. Jeder Wirkstoff für sich ist in der Regel gut verträglich. Aber die drei zusammen können in Kombination die Nieren angreifen. Es droht ein akutes Nierenversagen. Das kann tödlich enden.
Diese möglichen Wechselwirkungen sind ein Grund, warum Schmerzmittel apothekenpflichtig sind. "Gegen Ihre Rückenschmerzen sollten Sie besser keine Tabletten einnehmen. Versuchen Sie es doch mal mit einem Schmerzgel. Der Wirkstoff wirkt dann vor allem da, wo es weh tun und belastet die Nieren nicht." Außerdem meldete sich die Taxifahrerin zu einem VHS-Kurs mit Ausgleichsgymnastik an.
(Text von Dr. Hannes Müller, Mitglied im Geschäftsführenden Vorstand der ABDA, erschienen: "Prisma" Nr. 2/2023, Titel: "Vorsicht vor Wechselwirkungen bei Schmerzmitteln")