Prof. Dr. Tim Meyer: Mannschaftsapotheke ist bereit für die Fußball-WM

Prof. Dr. Tim Meyer ist Mannschaftsarzt der deutschen Fußball-Nationalmannschaft und Ärztlicher Direktor des Instituts für Sport- und Präventivmedizin an der Universität des Saarlandes. Mit ihm sprach Nico Klemm vom ABDA-Newsroom über die pharmazeutischen Vorbereitungen zur Fußball-Weltmeisterschaft in Katar, die am 20. November 2022 beginnt.

Nico Klemm: "Herr Prof. Dr. Meyer, ist die Mannschaftsapotheke für die WM schon komplett?“

Tim Meyer: "Eigentlich ja. Es ist so, dass ich mit der Mannschaft immer wieder im Jahr reise. Die Medikamentenkoffer müssen also nicht von null gepackt werden. Es gibt eine Checkliste und anhand derer ersetze ich ausgegebene oder ablaufende Arzneimittel. Überschrittene Mindesthaltbarkeitsdaten sollten also nicht vorhanden sein. Und dann geht‘s los."

Nico Klemm: "Wer stellt die Medikamentenkoffer zusammen? Gibt es eine Beratung durch Pharmazeuten?

Tim Meyer: "Das mache ich seit 21 Jahren selbst. Ich arbeite an der Universität des Saarlandes und in unserer Fakultät haben wir verschiedene Kollegen, darunter auch Pharmakologen und Pharmazeuten, sodass ich mich bereits zum Anfang meiner Tätigkeit für den DFB mit einigen von ihnen ausgetauscht habe. Wenn etwas aktuell zu ersetzen ist, dann habe ich in Saarbrücken meine Vor-Ort-Apotheke. Mit der Apothekerin arbeite ich regelmäßig zusammen, so dass auch immer eine Dokumentation möglich ist von dem, was wir eingekauft haben."

Nico Klemm: "Welche Arzneimittel werden mitgenommen?"

Tim Meyer: (lacht) "Ich habe vier Koffer. Man muss daran denken, da reisen neben den Spielern auch Funktionäre mit, die sind älter als die Spieler und können alle möglichen Vorerkrankungen haben. Ich versuche komplett aufgestellt zu sein. Wir rechnen in Katar mit durchschnittlichen Temperaturen zwischen 20 und 25 Grad und einem trockenen Klima. Infektionskrankheiten, die über das deutsche Spektrum hinausgehen, sind dort kaum zu erwarten. Deswegen ergibt sich für diese WM erheblich weniger zusätzlicher Bedarf, als er beispielsweise beim Turnier in Brasilien im Jahr 2014 bestand. Wenn man die Fußball-Weltmeisterschaft mit den Olympischen Spielen vergleicht, da kümmern sich die Mediziner um 400 Sportler plus Funktionäre, bei uns sind es insgesamt unter 100 Personen."

Nico Klemm: "Wie werden die Kühlketten von Arzneimitteln eingehalten?"

Tim Meyer: "Das ist etwas, was ich bei Bedarf mit meiner Apothekerin bespreche. Immer wenn ein zu kühlendes Arzneimittel erforderlich ist, nehme ich eine entsprechende Kühlbox für den Flug mit. Nach Ankunft lege ich das Medikament sofort wieder in den Kühlschrank. Eigentlich aber eher eine Seltenheit."

Nico Klemm: "Es ist die erste Fußball-Weltmeisterschaft unter Corona-Bedingungen. Wie bereiten Sie sich darauf vor?"

Tim Meyer: "Man muss sich über die aktuellen Regularien in Katar informieren. Das Unpraktische dabei ist, wenn ich mich jetzt informiere, kann es sein, dass die Informationen im November nicht mehr gültig sind. Zunächst gibt es Einreisevorgaben des Landes Katar. Vor Ort haben wir ja über die Spiele hinaus nicht sehr viele Kontakte außerhalb unseres Teams. Natürlich muss man einige Dinge beachten, was das 'social distancing' angeht. Aber es ist in so einem Mannschaftssetting immer gegen andere Belange abzuwägen, weil man ja auch ein Miteinander aufbauen muss. Stand jetzt habe ich nicht so große Sorgen."

Nico Klemm: "Können Sie die Weltmeisterschaft bei aller Arbeit auch etwas genießen? Es kann ja jederzeit etwas passieren?"

Tim Meyer: "Ich komme aus dem Fußball und Fußball war immer meine Sportart. Deshalb ist dieses Gefühl des 'Im-Turnier-seins' das, was mir am meisten gibt. Eine echte Ruhe hat man als junger Teamarzt am Anfang sicherlich nicht, aber inzwischen hat sich das etwas verändert. Man nimmt sich nach einigen Jahren stärker zurück und ist eher im Stand-by-Modus. Letztlich sind es gesunde, junge Menschen, die sich natürlich auch verletzen oder infizieren können. Das findet aber nicht alle paar Minuten statt."

Nico Klemm: "Sollte es einen Titel für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft geben, gibt es dann auch ein Mitbringsel für die Apothekerin?"

Tim Meyer: (lacht) "Natürlich!“