Wie hilft die Apotheke bei Lieferengpässen?
Lieferengpässe bei lebenswichtigen Medikamenten gehören in Deutschland leider schon seit Jahren zum Alltag in den Apotheken – mit steigender Tendenz. Ob Antibiotika, Schmerzmittel oder Blutdrucksenker – die Mangelliste umfasst oft hunderte Präparate. Die Ursachen dafür sind vielschichtig, dazu gehören die Sparpolitik der Krankenkassen und die Globalisierung der Arzneimittelherstellung. Für manche Wirkstoffe gibt es nur noch wenige Hersteller weltweit. Produktionsausfälle oder Qualitätsprobleme in einer einzelnen Anlage in Fernost können ausreichen, um die Arzneimittelversorgung in halb Europa zu gefährden.
Das Managen von Lieferengpässen ist für das Apothekenteam mit hohem Personal- und Zeitaufwand verbunden. Wenn ein bestimmtes Präparat nicht verfügbar ist, muss die Apothekerin ein wirkstoffgleiches Medikament beschaffen – womöglich in anderer Packungsgröße, Wirkstärke oder Darreichungsform. Im Extremfall muss die Apotheke sogar die Arztpraxis wegen eines neuen Rezeptes für einen völlig anderen Wirkstoff kontaktieren. Schließlich darf kein Patient unversorgt bleiben. Dafür brauchen die Apotheken allerdings auch die nötigen Handlungsfreiheiten, damit sie jederzeit flexibel agieren können, ohne später Rechnungskürzungen von den Krankenkassen befürchten zu müssen.
Ob die im vergangenen Jahr vom Bundestag beschlossenen Gesetze tatsächlich wirken und wieder mehr Medikamente in die Apotheken bringen, wird sich wohl erst mittel- und langfristig zeigen. Deshalb gehört der Kampf gegen Lieferengpässe auch weiterhin auf nationaler und internationaler Ebene zu den wichtigsten Zielen der Apothekerschaft. Gegenüber der Bundesregierung setzt sich die Apothekerschaft dabei nicht nur für mehr eigenen Entscheidungsspielraum, sondern auch für eine aufwandsgerechte Vergütung ein. Zur Europawahl im Juni fordern die Apotheker mehr Transparenz in der globalen Lieferkette und bessere Rahmenbedingungen zur vermehrten Wirkstoffproduktion in Europa.
(Autor: Dr. Hans-Peter Hubmann, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbandes (DAV); erschienen in "Das Apotheken Magazin" Ausgabe 15.04.24)