Mehrwertsteuer: Statement von Fritz Becker
Der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes, Fritz Becker, äußert sich in einem Statement zur zeitlich begrenzten Absenkung des Mehrwertsteuersatzes.
"Der Deutsche Apothekerverband begrüßt das Anliegen der Bundesregierung, die Wirtschaft zu stärken und die negativen Folgen der Corona-Pandemie abzufedern. Die vergangene Woche angekündigte Absenkung des Mehrwertsteuersatzes von 19 auf 16 Prozent zwischen 1. Juli und 31. Dezember 2020 mag generell auch bei der Erreichung dieses Ziels helfen. Für den Bereich der Arzneimittelversorgung führt sie leider aber auch zu Schwierigkeiten, weil hier viele Besonderheiten zu berücksichtigen sind. Das beginnt schon damit, dass die Mehrwertsteueranpassung Verbraucherpreise senken und den Konsum ankurbeln soll, eine preisabhängige Nachfragesteigerung in der Arzneimittelversorgung aber gar nicht gewollt ist. Dazu kommt, dass die Änderung die Apotheken nicht nur administrativ, sondern tatsächlich auch finanziell zusätzlich belastet, wenn es keine flankierenden Maßnahmen gibt. Und natürlich ist darüber hinaus die Zeit für eine saubere Umsetzung bis 1. Juli knapp.
Apotheker sind zwar Unternehmer, die Umsatz- und Gewerbesteuer zahlen, sie sind aber auch freie Heilberufler, deren Arbeit stark durch die Sozialgesetzgebung reguliert ist. In einem freien Markt bewegen sich die Apotheken nunmal nicht. Bei mehr als 80 Prozent des Umsatzes handelt es sich um rezeptpflichtige Arzneimittel, die bundeseinheitlichen Preisen unterlegen, die wiederum größtenteils von den Krankenkassen erstattet werden. Hier kann die Apotheke weder ‚Preisvorteile‘ weitergeben, noch ist die Nachfrage preissensibel. Dagegen ist der Apothekenabschlag als Rabatt für gesetzliche Krankenkassen mit 1,77 Euro brutto pro Medikament nominal festgelegt. Sinkt der Mehrwertsteueranteil an diesem Abschlag, wächst die Nettobelastung der Apotheke, während die Krankenkasse finanziell profitiert. Der Effekt macht einen zweistelligen Millionenbetrag im Jahr aus.
Gerade nachdem die Apotheken monatelang an der ‚Coronafront‘ geackert haben, ist es bestimmt nicht Ziel der Politik, dass sie im Zuge des Konjunkturprogramms Nachteile erleiden. Hier geht es um einen unbeabsichtigten und unerwünschten Nebeneffekt, den der Gesetzgeber verhindern bzw. ausgleichen kann. Genau dazu sind wir im Gespräch mit der Politik.“