Positionspapier zur EHDS-Verordnung
In der Europäischen Union soll in den nächsten zehn Jahren ein Gesundheitsdatenraum (European Health Data Space, EHDS) entstehen. Für Gesundheitsdaten hat die Europäische Kommission im Sommer Dokumente und einen Verordnungsentwurf veröffentlicht, zu dem die ABDA jetzt ein Positionspapier verfasst hat. Die ABDA hält folgende Punkte für besonders wichtig:
» Die Kommission stützt ihren Vorschlag primär auf Artikel 114 AEUV (Binnenmarkt), ergänzend auch auf Artikel 16 AEUV (Datenschutz). Es fehlt eine Bezugnahme auf Artikel 168 AEUV (Gesundheitswesen), die aber aufgrund der strukturellen Unterschiede dieser Rechtsgrundlagen und der zu erwartenden konkreten Auswirkungen der Verordnung auf die Gesundheitssysteme der Mitgliedstaaten ergänzt werden sollte. Darauf aufbauend, sollten die einzelnen Vorschriften des Vorschlags – insbesondere diejenigen bezüglich der Primärnutzung – dahingehend überprüft werden, ob sie die Zuständigkeitsverteilung zwischen der Union und den Mitgliedstaaten hinreichend berücksichtigen und den Mitgliedstaaten den für ihre jeweiligen Gesundheitssysteme erforderlichen Umsetzungsspielraum lassen.
» Im Bereich der Primärnutzung von Gesundheitsdaten, also bei der individuellen Versorgung von Patientinnen und Patienten, sind Apothekerinnen und Apotheker als freier Heilberuf direkt von der Verordnung betroffen, die ihnen im erforderlichen Umfang Zugriff auf die benötigten Patientendaten und auch deren Aktualisierung ermöglichen soll. Essentiell für die Umsetzbarkeit dieses Rechtsrahmens in der täglichen Praxis vor Ort ist es, dass dies auf der Grundlage vorhandener nationaler Telematik-Strukturen und Softwaresysteme erfolgen kann. Eine aufwändige Neuentwicklung würde unverhältnismäßig teuer. Überschießende und kostenträchtige neue Pflichten für Heilberufe dürfen nicht geschaffen werden.
» Das Kapitel zur Sekundärnutzung elektronischer Gesundheitsdaten für definierte Zwecke (z.B. Forschung und Statistik, aber auch für die Produktentwicklung und für Algorithmen und Künstliche Intelligenz) stellt sicherlich den politischen Schwerpunkt des Vorschlags dar, wirft aber auch die meisten Fragen auf. So widersprechen die vorgesehenen weitreichenden Offenlegungspflichten für Heilberufe als Dateninhaber sowohl der gesetzlichen Schweigepflicht als auch dem Schutz von Geschäftsgeheimnissen. Entsprechende Vorbehalte müssen zwingend ergänzt werden. Angesichts des entstehenden Aufwands sollte ferner vorgesehen werden, dass Anfragen bei individuellen Dateninhabern nur im begründeten Bedarfsfall und nachrangig zu sonstigen größeren Datenbeständen gestellt werden können. Angesichts des datenschutzrechtlichen Selbstbestimmungsrechts der Patientinnen und Patienten sind die im nationalen Recht verankerten Einwilligungserfordernisse bzw. Widerspruchsmöglichkeiten bezüglich der Sekundärnutzung ihrer persönlichen Gesundheitsdaten zwingend zu beachten. Schließlich darf ein Zugriff auf Gesundheitsdaten nur auf der Grundlage einer ausdrücklichen Erlaubnis erfolgen, die von der Kommission vorgeschlagene Genehmigungsfiktion ist abzulehnen.
Der Zusammenschluss der Apotheker in der Europäischen Union (ZAEU) wird voraussichtlich in seiner Generalversammlung im November ein eigenes Positionspapier verabschieden, bei dessen Erarbeitung die ABDA entsprechend mitgewirkt hat. Das ABDA-Positionspapier finden Sie unter "Links".