Welche Folgen hat die Schließung von immer mehr Apotheken?
Von Thomas Dittrich, Vorsitzender Deutscher Apothekerverband
Die Apothekenzahl in Deutschland nimmt von Jahr zu Jahr immer weiter ab. Vor zwanzig Jahren gab es noch mehr als 21.000 Apotheken, inzwischen sind es gerade noch 18.000. Natürlich gibt es auch immer noch einige Neueröffnungen, aber die Zahl der Schließungen überwiegt bei weitem. Rein rechnerisch muss jeden Tag irgendwo zwischen der Insel Rügen und dem Schwarzwald eine Apotheke unwiderruflich dichtmachen. Mit 22 Apotheken pro 100.000 Einwohnern liegt Deutschland ohnehin bereits weit unter dem europäischen Durchschnitt von 32 Apotheken pro 100.000 Bewohnern. Die flächendeckende Versorgung in Deutschland ist zwar noch nicht in Gefahr, aber dem Trend muss dringend Einhalt geboten werden.
Die Schließung einer Apotheke kann für viele Patientinnen und Patienten die Versorgung verschlechtern, weil die Wege zur nächsten Apotheke weiter werden und länger dauern. Zudem verlieren der Stammkunde oder die Stammkundin seine oder ihre vertraute Apotheke um die Ecke, die zusätzlich zur aktuellen Arzneimitteltherapie in vielen Fällen auch noch den gesamten Medikationsplan im Blick behält. Ohne Termin ließ sich dort stets erfragen, ob man die Erkrankung mit freiverkäuflichen Arzneimitteln selbst behandeln kann oder man doch lieber einen Arzt aufsuchen sollte. Vor-Ort-Apotheken haben aber auch eine ganz wichtige soziale Funktion in den Kiezen und Gemeinden. Sie hören zu, trösten, geben Ratschläge, funktionieren nicht selten als Kummerkasten, aber auch als Lotse im Gesundheitswesen. Auch dies entfällt bei jeder Apothekenschließung.
Die Gründe, warum Apotheken schließen müssen, sind vielfältig und oft finanzieller und struktureller Natur. In ländlichen Regionen findet der Inhaber oder die Inhaberin oft kein Personal oder keine Nachfolge, viele zieht es lieber in die Großstadt. Manchmal schließt auch die einzige Arztpraxis im Ort, so dass es auch aus wirtschaftlichen Gründen für die Apotheke schwer wird, den Standort zu halten. Was wir dagegen tun können? Ganz einfach - den jungen Apothekerinnen und Apothekern eine echte Perspektive und Planungssicherheit für ihre berufliche Zukunft geben! Dazu braucht es von Politik und Gesellschaft ein klares Bekenntnis zur inhabergeführten Apotheke vor Ort – mit ordnungspolitischen, betriebswirtschaftlichen und pharmazeutischen Eckpunkten.
(erschienen: "Neue Apotheken Illustrierte", Ausgabe 15.03.2023)