Rezeptsammelstellen und Botendienste
Trotz des engmaschigen Apothekennetzes in Deutschland kann in dünn besiedelten Gebieten die nächste Apotheke einige Kilometer entfernt sein. Aber auch dort haben die Menschen Anspruch auf eine gute Arzneimittelversorgung. Und gerade für Patienten mit eingeschränkter Mobilität ist es wichtig, dass sie keine weiten Wege bewältigen müssen, um an ihre Medikamente zu kommen.
Aus diesem Grund gibt es zusätzlich zu den 19.000 Apotheken bundesweit etwa 1.200 Rezeptsammelstellen. Sie werden überall dort installiert, wo die Entfernung zur nächsten Apotheke größer als üblich ist. Rezeptsammelstellen werden auf Antrag durch die jeweilige Landesapothekerkammer für einen bestimmten Zeitraum (normalerweise zwei Jahre) genehmigt und dürfen nur durch Apotheken unterhalten werden, die über ihr pharmazeutisches Fachpersonal die Versorgung von Patienten per Botendienst gewährleisten können. Mit der Genehmigung durch die Kammer ist die Apotheke gesetzlich verpflichtet, die Rezeptsammelstelle entsprechend definierter Regeln zu betreiben. Konventionelle Rezeptsammelstellen, an denen Patienten ihre Rezepte abgeben können, ähneln öffentlich zugänglichen Briefkästen. Mitarbeiter der Apotheke holen die Rezepte täglich ab und liefern anschließend die Medikamente aus. Auch Bewohner abgelegener Orte werden so ohne eigenen Fahraufwand schnell mit Arzneimitteln versorgt.
Doch auch diese bewährte Form der Versorgung lässt sich weiter vereinfachen und beschleunigen – durch digitale Rezeptsammelstellen. Optisch gleichen sie Bankautomaten. Ihre Funktion ist auf Einfachheit und Sicherheit ausgerichtet. Zunächst wird der Patient über den Monitor zum Datenschutz aufgeklärt. In einen Schlitz des Gerätes wird dann das Rezept eingeführt. Der Automat scannt das Rezept und überträgt das Bild direkt an die beauftragte Apotheke. Patienten können über Kamera und Mikrofon, wenn sie wollen, sogar direkt Kontakt zum Apotheker aufnehmen. Schließlich druckt das Gerät eine Empfangsquittung für das Rezept aus. Mit dem digitalen Übertragungsweg spart die Apotheke einen Anfahrtsweg. Medikamente können nötigenfalls sofort beim Großhandel bestellt und am selben Tag an die Patienten abgegeben werden. Solange es noch kein flächendeckendes E-Rezept gibt, bleibt auch das Papierrezept wichtig: Das Original-Dokument – juristisch handelt es sich um eine Urkunde – muss zuerst aus dem Automaten geholt und auf Echtheit und formale Richtigkeit geprüft werden, bevor das Medikament übergeben werden kann.
Datenschutz und Datensicherheit sind auch bei der digitalen Rezeptsammelstelle höchste Güter. Auf dem Terminal und der Quittung werden keine personenbezogenen Daten angezeigt. Es werden keine Daten gespeichert. Der Zugriff ist nur durch die jeweilige Betreiberapotheke möglich. In einigen Bundesländern wie Baden-Württemberg, Saarland und Sachsen sind bereits digitale Rezeptsammelstellen im Einsatz. Sie lösen sukzessive die konventionellen Sammelstellen ab, um den Service für Patienten weiter zu verbessern.
Rezeptsammelstellen werden oft in Verbindung mit der Botendienst der Apotheken genutzt. Wer krank ist, schlecht zu Fuß oder das fiebernde Kind nicht alleine zu Hause lassen will, kann trotzdem auf die Apotheke zählen. Dann liefert der pharmazeutische Botendienst, wenn nötig bis ans Krankenbett. 300.000 dieser Botendienste erledigen deutsche Apotheken jeden Tag. Einfach irgendwen vorbeischicken darf die Apotheke allerdings nicht, denn die Abgabe eines Arzneimittels ist immer an die Beratung durch pharmazeutisches Personal gekoppelt. Im Frühjahr 2020 haben Apotheken zu Beginn der Corona-Pandemie ihre Botendienste deutlich verstärkt, um Kontakte von Risikogruppen zu verringern und in Quarantäne befindliche Personen zu versorgen. Der Gesetzgeber hat daraufhin einen zeitlich befristeten Zuschuss von 5,00 Euro pro Botendienst eingeführt. Über das Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz (VOASG) wurde der Zuschuss dann auf niedrigerem Niveau (2,50 Euro) auch über die Pandemie hinaus verstetigt.