Pharmakovigilanz
Arzneimittel müssen sicher sein, sie sollen helfen und nicht schaden. Aber eine Arzneimitteltherapie ist gleichwohl ein Risikoprozess, bei dem Probleme auftreten können: Es kann zu unerwünschten Arzneimittel(neben)wirkungen kommen. In seltenen Fällen können einzelne Chargen eines Medikamentes Qualitätsmängel aufweisen.
Ziel und Aufgabe der öffentlichen Apotheken in Deutschland ist die ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln. Die Arzneimittelsicherheit ist dabei ein wesentlicher Bestandteil. Das System der Pharmakovigilanz (Arzneimittelsicherheit) trägt dazu bei, dass Qualitätsmängel entdeckt, Informationen über Risiken schnellstmöglich weitergegeben und Arzneimittel bei Bedarf aus dem Verkehr gezogen werden können.
Sechs Millionen Stichproben pro JahrVorsorglich wird deshalb an jedem Werktag in jeder der mehr als 19.000 öffentlichen Apotheken in Deutschland verpflichtend mindestens ein industriell hergestelltes Arzneimittel auf Qualitätsmängel kontrolliert. Sechs Millionen Stichproben kommen damit pro Jahr zusammen. Auch können sich Patienten jederzeit an ihre Apotheke wenden, wenn sie unerwartete Nebenwirkungen oder andere Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit einem Medikament feststellen. Gibt es entsprechende Beobachtungen, meldet die Apotheke sie an die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) in Berlin. Über 9.000 Verdachtsmeldungen gehen dort im Jahr ein. Sind Laboranalysen erforderlich, kann das Zentrallaboratorium der Deutschen Apotheker (ZL) in Eschborn eingeschaltet werden, das als gemeinnütziger Verein von den Berufsorganisationen der Apotheker getragen wird. Das ZL war es beispielsweise, das im Sommer 2018 als erste Instanz analytische Daten zum Grad der Verunreinigung bestimmter Blutdruckmedikamente mit Nitrosaminen vorlegen konnte, nachdem Probleme in der Produktion des Wirkstoffs Valsartan durch einen Hersteller in China aufgetreten waren.
Bei den betroffenen Valsartan-Präparaten kam es zu umfangreichen Rückrufen. Innerhalb weniger Stunden wurden die betroffenen Packungen in allen deutschen Apotheken aus dem Handel genommen und unter Quarantäne gestellt. Federführend bei solchen Rückrufaktionen sind die Behörden auf Länderebene. Die AMK hat aber gemeinsam mit anderen Akteuren ein System entwickelt, über das sämtliche Apotheken in Deutschland binnen kürzester Zeit zu den behördlichen Maßnahmen informiert werden können. Unter anderem wird dazu der Umstand genutzt, dass jede Apotheke täglich in der Regel mehrfach vom pharmazeutischen Großhandel beliefert wird. Mit den sogenannten AMK-PHAGRO-Schnellinformationen, die gefaxt und zusätzlich den Lieferungen beigelegt werden, werden alle Apotheken in Deutschland über einen zwar analogen, aber extrem schnellen und effektiven Kommunikationsweg auf Arzneimittelrisiken aufmerksam. Um sicherheitsrelevante Informationen zu einem Arzneimittel an Ärzte und Apotheker weiterzugeben, werden durch den pharmazeutischen Unternehmer zudem sogenannte Rote-Hand-Briefe verschickt. Die Kennzeichnung sowohl der Umschläge dieser Briefe als auch der Mitteilungen mit dem Symbol einer „roten Hand“ geht auf eine Initiative des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI) zurück und wurde 1969 eingeführt.
Über die Internetseite der AMK und ihren RSS-Feed gelangen wichtige und eilige Informationen natürlich auch digital in die Apotheken. Bei Bedarf können Präparate so binnen Stunden in Quarantäne genommen und aus dem Verkehr gezogen werden.