26/14 Information: Stellungnahme der AMK zu Aluminium-haltigen Antitranspirantien
Stellungnahme der AMK zu Aluminium-haltigen Antitranspirantien AMK / Zubereitungen mit Aluminiumchlorid-Hexahydrat werden in Konzentrationen bis 20 Prozent zur topischen Therapie der lokalen Hyperhidrose verwendet. Die Wirkung basiert vorwiegend auf einem partiellen Verschluss der Schweißdrüsengänge (Kanlayavattanakul und Lourith 2011). Die Unbedenklichkeit von Aluminium-haltigen Antitranspirantien und Deodorantien wird mit gewisser Regelmäßigkeit in der Presse thematisiert. Sorgen bestehen insbesondere darin, dass durch die Anwendung dieser Aluminium-haltigen Produkte das Risiko für die Entstehung einer Demenz vom Alzheimer-Typ oder (Brust-)Krebs erhöht wird. Die wissenschaftliche Literatur zu beiden Fragestellungen umfasst neben experimentellen Arbeiten auch kleinere epidemiologische Studien, die jedoch oft nur von moderater Qualität sind und nicht selten zu widersprüchlichen Aussagen gelangen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte seinerzeit die Sachlage zu einem möglichen Zusammenhang der Entstehung einer Demenz vom Alzheimer-Typ und einer erhöhten Aluminiumaufnahme zusammenfassend bewertet und festgestellt, dass mit großer Wahrscheinlichkeit eine erhöhte Aluminiumaufnahme nicht an der Entstehung der Alzheimer-Demenz beteiligt sei (WHO 1997). Dieses spiegelt sich auch in aktuellen Erkenntnissen und Forschungsbemühungen zu den zugrundeliegenden Mechanismen der Alzheimer-Erkrankung wider, die von anderen Annahmen zur Pathophysiologie ausgehen (Ubhi und Masliah 2013).
Eine Übersichtsarbeit, die alle verfügbaren Untersuchungen zu einer möglichen Assoziation der Entstehung von Brustkrebs und der Anwendung von Aluminium-haltigen Deodorantien bewertet hatte, kam zu dem Ergebnis, dass keine fundierten wissenschaftlichen Erkenntnisse für einen begründeten Verdacht vorlägen (Namer et al. 2008). Auch die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) vertritt die Auffassung, Aluminium sei in ernährungsrelevanten Dosen kein Karzinogen (EFSA 2008). Es kann daher festgehalten werden, dass gegenwärtig kein Anlass zur Annahme besteht, dass die Entstehung von Brustkrebs oder einer Demenz vom Alzheimer-Typ durch die Anwendung von Aluminium-haltigen Antitranspirantien beziehungsweise Deodorantien gefördert wird.
Hohe systemische Aluminiumspiegel können trotzdem mit einer beträchtlichen Toxizität beim Menschen assoziiert sein und verschiedene Körperfunktionen schädigen (Niere, Leber, Milz). (Bräunlich et al. 1986, Stein et al. 1987). Von besonderer Bedeutung sind hier die neurotoxischen Wirkungen von Aluminium, die so beispielsweise in den 80er Jahren bei niereninsuffizienten Patienten beobachtet worden waren, die Aluminium-haltige Antazida teilweise auch in Kombination mit Aluminium-haltigen Dialyselösungen erhalten haben (Savory et al. 1985). Neben Verwirrtheitszuständen, Krampfanfällen und Verhaltensstörungen sind auch Verläufe mit Koma und Tod beschrieben. In diesen Fällen waren die Plasmaspiegel von Aluminium teilweise um mehr als das Hundertfache der physiologisch gemessenen Spiegel von < 5 µg/l erhöht. Aus toxikologischer Sicht relevante Plasmaspiegel liegen oberhalb von ca. 50 µg/l vor (Schulz et al. 2012). Weitere bekannte Wirkungen von chronisch erhöhten Aluminiumspiegeln umfassen unter anderem schmerzhafte Knochenerweichung (Osteomalazie) oder Störungen der Blutbildung. Auch vor dem Hintergrund möglicher Intoxikationen mit Aluminium bei unkontrollierter Zufuhr, wurden von der EFSA Grenzwerte für die wöchentliche Aufnahme von Aluminium festgelegt. Diese Grenzwerte tragen zum einen dem Umstand Rechnung, dass Aluminium natürlicherweise in zahlreichen Lebensmitteln und im Trinkwasser vorkommt und enthalten andererseits eine Sicherheitsmarge zu Aluminium-Spiegeln, ab denen im Tierversuch schädliche Wirkungen auftreten. Die wöchentlich tolerierte Einnahme von Aluminium (TWI) liegt bei 1 mg/kg Körpergewicht; davon werden ca. 0,3 Prozent resorbiert (EFSA 2008).
Das Ausmaß der dermalen Resorption von Aluminium aus Antitranspirantien und Deodorantien ist nur unzureichend untersucht; die wenigen verfügbaren Studien lassen nur orientierende Aussagen zu den resultierenden Plasmaspiegeln zu (Flarend et al. 2001; Pineau et al. 2012).
Basierend auf diesen vorläufigen Daten hat das BfR kürzlich die systemische Verfügbarkeit von Aluminium nach dermaler Applikation bewertet und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der TWI durch die Aufnahme von Aluminium aus Antitranspirantien beziehungsweise Deodorantien unter Umständen leicht überschritten werden könnte. Somit ist bei langfristiger Anwendung eine erhöhte Aluminiumaufnahme gegenüber den derzeit gültigen Empfehlungen nicht ausgeschlossen (BfR, 2014). Viele der für die Berechnung zu Grunde gelegten Annahmen basieren auf Ergebnissen aus einem In vitro-Versuch. Bis verlässlichere Daten zum tatsächlichen Ausmaß der dermalen Resorption vorliegen, wird daher empfohlen, Aluminium-haltige Antihidrotika und Deodorantien nicht auf frisch rasierte oder geschädigte Haut aufzubringen, da sich hierdurch die Resorption begrenzen lässt. Unter Berücksichtigung dieser Vorsichtsmaßnahmen ergibt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt aus Sicht der AMK kein Anlass, die Unbedenklichkeit von Aluminium-haltigen Zubereitungen als Antihidrotika oder Deodorantien (zum Beispiel NRF) anzuzweifeln. /
Literaturverzeichnis Bräunlich, H., Stein, G., Laske, V., Fleck, C., Keil, E., Kersten, L., Müller, A. (1986): Renal effects of aluminium in uraemic rats and in rats with intact kidney function. J. Appl. Toxicol. 6, 55-59. BfR: Aluminiumhaltige Antitranspirantien tragen zur Aufnahme von Aluminium bei. In: Stellungnahme Nr. 007/2014 des BfR vom 26. Februar 2014, zuletzt geprüft am 05.03.2014.
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Flarend, R.; Bin, T.; Elmore, D.; Hem, S. L. (2001): A preliminary study of the dermal absorption of aluminium from antiperspirants using aluminium-26. In: Food Chem. Toxicol. 39 (2), 163–168.
Kanlayavattanakul, M.; Lourith, N. (2011): Body malodours and their topical treatment agents. In: International Journal of Cosmetic Science 33 (4), S. 298–311. DOI: 10.1111/j.1468-2494.2011.00649.x.
Namer, M.; Luporsi, E.; Gligorov, Joseph; L., François; Spielmann, M. (2008): L'utilisation de déodorants/antitranspirants ne constitue pas un risque de cancer du sein. In: Bull Cancer 95 (9), S. 871–880. DOI: 10.1684/bdc.2008.0679.
Pineau, A.; Guillard, O.; Favreau, F.; Marty, M.-H.; Gaudin, A.; Vincent, C.-M. et al. (2012): In vitro study of percutaneous absorption of aluminum from antiperspirants through human skin in the Franz™ diffusion cell. In: J. Inorg. Biochem. 110, 21–26. DOI: 10.1016/j.jinorgbio.2012.02.013.
Savory, J.; Bertholf, R. L.; Wills, M. R. (1985): Aluminium toxicity in chronic renal insufficiency. In: Clin Endocrinol Metab 14 (3), 681–702.
Stein, G., Laske, V., Müller, A., Bräunlich, H., Linß, W., Fleck, C. (1987): Aluminium induced damage of the lysosomes in the liver, spleen and kidney of rats. J. Appl. Toxicol. 7, 253-58. Schulz, M.; Iwersen-Bergmann, S.; Andresen, H.; Schmoldt, A. (2012): Therapeutic and toxic blood concentrations of nearly 1,000 drugs and other xenobiotics. In: Crit Care 16 (4), S. R136. DOI: 10.1186/cc11441. Ubhi, K.; Masliah, E. (2013): Alzheimer's disease: recent advances and future perspectives. In: J. Alzheimers Dis. 33 Suppl 1, S. S185-94. DOI: 10.3233/JAD-2012-129028. WHO (1997): International Programme on Chemical Safety (IPCS). Environmental Health Criteria 194 – Aluminium, zuletzt geprüft am 05.03.2014.