AkdÄ: Abhängigkeitspotenzial von Pregabalin (Lyrica®)
Die AkdÄ informiert durch eine Drug Safety Mail vom 31. Januar 2011 über das Abhängigkeitspotenzial von Lyrica® (Pregabalin): Das Arzneimittel ist zugelassen zur Behandlung von neuropathischen Schmerzen, als Zusatztherapie bei Epilepsie mit partiellen Anfällen und bei generalisierten Angststörungen. Pregabalin ist ein Analoges der Gamma-Aminobuttersäure (GABA); es bindet an eine Untereinheit spannungsabhängiger Calciumkanäle im ZNS und moduliert die Freisetzung verschiedener exzitatorischer Neurotransmitter. Benommenheit und Schläfrigkeit zählen zu den häufigsten unerwünschten Wirkungen. Lyrica® ist seit 2004 in Deutschland verfügbar und wird vor allem bei neuropathischen Schmerzen zunehmend eingesetzt. 2009 wurden 45,7 Millionen defined daily doses (DDD) verordnet (+ 22 Prozent im Vergleich zu 2009). Lyrica® steht in Deutschland auf Platz 12 der umsatzstärksten patentgeschützten Arzneimittel mit einem Umsatz von etwa 220 Millionen Euro im Jahr 2009.
Die AkdÄ wurde über einen Patienten informiert, der wegen einer generalisierten Angststörung mit Pregabalin behandelt wurde. Mehrfache Versuche des Patienten, sich Rezepte zu erschleichen, und das Eingeständnis, bis zu 3000 mg des Medikaments täglich einzunehmen (empfohlene Tageshöchstdosis 600 mg), lassen auf eine Abhängigkeit schließen. Der meldende Arzt berichtet, dass ihm durch Kollegen weitere Fälle von Abhängigkeit von Pregabalin bekannt seien. Kürzlich wurde ein weiterer Fall publiziert: Der Patient hatte eine Heroinabhängigkeit in der Vorgeschichte, und Pregabalin war ihm von einem Freund wegen der euphorisierenden Wirkungen empfohlen worden. Er konsumierte neben Pregabalin (bis zu 7500 mg pro Tag) Cannabis und Alkohol. Bei einem selbst durchgeführten Entzugsversuch kam es zu ausgeprägten vegetativen Symptomen, ein stationärer Entzug schlug fehl. Die schwedische Arzneimittelbehörde hat 2010 anhand von 16 Spontanberichten ein Signal für ein Abhängigkeits- und Missbrauchspotenzial von Pregabalin veröffentlicht. Auch in der globalen Datenbank von Spontanberichten bei der WHO konnte durch eine neu entwickelte Analysemethode von Fallberichten retrospektiv bereits Mitte 2005 ein entsprechendes Signal für Pregabalin detektiert werden. In der Datenbank des deutschen Spontanmeldesystems sind aktuell circa 1200 Berichte unerwünschter Arzneimittelwirkungen von Pregabalin erfasst, darunter neben dem oben geschilderten Fall weitere Fälle von Arzneimittelabhängigkeit und -missbrauch.
Auf Grund der GABA-ergen Eigenschaften von Pregabalin ist eine Abhängigkeitsentwicklung vorstellbar. GABA löst als der wichtigste sedierende Neurotransmitter geeignete psychische Reaktionen aus, und viele GABA-erge Arzneistoffe, wie Benzodiazepine, Barbiturate oder Alkohol, können eine Abhängigkeit hervorrufen. Die Hinweise auf ein Missbrauchspotenzial von Pregabalin wurden in diesem Jahr unter die Warnhinweise in die Fachinformation aufgenommen. Auch wenn das Risiko möglicherweise gering ist, sollen Patienten vor Beginn einer Behandlung darauf aufmerksam gemacht werden. Besonders bei Suchtkrankheiten in der Vorgeschichte soll auf Zeichen für eine Abhängigkeit beziehungsweise einen Missbrauch geachtet werden, wie die Zunahme der eingenommenen Dosis.
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Quelle:
www.akdae.de/Arzneimittelsicherheit/Bekanntgaben/Archiv/2011/20110128.html
PZ 05/11