AkdÄ: AKute Oxalat-Nephropathie in Zusammenhang mir Orlistat bei chronischer Niereninsuffizienz

Orlistat (Xenical®) ist in Kombination mit hypokalorischer Kost zugelassen zur Behandlung von adipösen Patienten mit einem Body-Mass-Index (BMI) 30 kg/m² oder höher sowie bei übergewichtigen Patienten (BMI > 28 kg/m²), wenn weitere Risikofaktoren vorliegen. Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) berichtet im Deutschen Ärzteblatt, 105 (2008) Seite A-1921, aus einer aktuellen Veröffentlichung (Singh et al.: Acute oxalate nephropathy associated with orlistat, a gastrointestinal lipase inhibitor. Am. J. Kidney Dis. 49 (2007) 153?157) über eine 57-jährige Patientin mit Diabetes mellitus Typ II und chronischer Niereninsuffizienz (Serumkreatinin 2,5 mg/dl). Nach einer Erhöhung der Orlistat-Dosis von zwei- auf dreimal täglich 120 mg, der höchsten, vom Hersteller empfohlenen Dosis, kam es innerhalb von zwei Monaten zu allgemeinemKrankheitsgefühl und öligen Stuhlabgängen. Das Serumkreatinin stieg langsam auf 4 mg/dl. Eine Nierenbiopsie zeigte intratubulär und interstitiell viele Calcium-Oxalat-Kristalle und eine allgemeine diffuse, chronische interstitielle Fibrose. Nach Absetzen von Orlistat und der Erhöhung der Trinkmenge fiel das Serumkreatinin auf 2,8 mg/dl. In einer zweiten Nierenbiopsie einen Monat später fand man keine CalCium-Oxalat-Kristalle mehr.

Normalerweise werden weniger als 10 % des Oxalats aus der Nahrung über den Darm aufgenommen. Der größere Teil bildet mit Calcium unlösliche Komplexe, die mit dem Stuhl ausgeschieden werden. Orlistat bewirkt durch die Hemmung von Lipasen eine Fettmalabsorption. Dadurch wird mehr Calcium an langkettige Fettsäuren im Darm gebunden und steht für die Reaktion mit Oxalat nicht mehr zur Verfügung. Oxalat wird hierdurch vermehrt absorbiert und über die Nieren ausgeschieden. Es resultiert eine enteral bedingte Hyperoxalurie, die zu Nierensteinen oder zur Oxalatnephropathie führen kann. Die enteral bedingte Hyperoxalurie wurde auch bei anderen Formen der Malabsorption von Fett beschrieben, z. B. beim Kurzdarmsyndrom oder nach chirurgischen Darmeingriffen zur Adipositasbehandlung. In einer aktuellen Veröffentlichung werden zwei weitere Verdachtsfälle von Nierenschäden durch Calciumoxalat in Zusammenhang mit Orlistat dargestellt (Karamadoukis, L. et al.: Is there a link between calcium oxalate crystalluria, orlistat and acute tubular necrosis? Nephrol. Dial. Transplant. 23 (2008) 1778?1779).

Im deutschen Spontanmeldesystem (gemeinsame Datenbank von BfArM und AkdÄ, Stand: Juli 2008) sind 173 Verdachtsfälle unerwünschter Arzneimittelwirkungen nach Gabe von Orlistat erfasst. Über eine Nephrolithiasis wird zweimal berichtet, drei Fälle von Nierenversagen unter Orlistat werden im Zusammenhang mit anderen schwerwiegenden Erkrankungen genannt.

In der Fachinformation zählt eine eingeschränkte Nierenfunktion nicht zu den Kontraindikationen für Xenical®. Es wird aber darauf hingewiesen, dass Daten zur Behandlung bei Niereninsuffizienz nicht vorliegen. Die AkdÄ hat Orlistat wegen der schlechten gastrointestinalen Verträglichkeit und des zweifelhaften langfristigen Nutzens zur Therapie der Adipositas nicht empfohlen. Auf Grund der Hinweise auf Nierenschäden durch eine enteral bedingte Oxalurie soll bei Einschränkung der Nierenfunktion auf die Gabe von Orlistat verzichtet werden.

Unerwünschte Wirkungen können Sie gerne per Berichtsbogen an uns melden.

Literatur

http://www.akdae.de/20/20/Archiv/2008/20080912.html

PZ 38/08