BfArM-Bescheid zu SSRI und SNRI

Mit Bescheid vom 8. September 2005 hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine Änderung der Zulassungen für Antidepressiva vom Typ der selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Inhibitoren (SSRI) und Serotonin-und-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Inhibitoren (SNRI) angeordnet.

In die Produktinformationen der betroffenen Arzneimittel (Atomoxetin, Citalopram, Escitalopram, Fluoxetin, Fluvoxamin, Mianserin, Milnacipran, Mirtazapin, Paroxetin, Reboxetin, Sertralin und Venlafaxin) müssen zum 1. Dezember 2005 folgende Texte aufgenommen werden:

Fachinformation:

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung

Anwendung bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren

[Arzneimittelname] sollte nicht zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren <, mit Ausnahme von Patienten mit [genehmigtes Anwendungsgebiet]>, angewendet werden. Suizidale Verhaltensweisen (Suizidversuch und Suizidgedanken) sowie Feindseligkeit (vorwiegend Aggressivität, oppositionelles Verhalten und Wut) wurden in klinischen Studien häufiger bei mit Antidepressiva behandelten Kindern und Jugendlichen beobachtet als bei Kindern und Jugendlichen, die mit Placebo behandelt wurden. Sollte auf Grund klinischer Notwendigkeit dennoch die Entscheidung für eine Behandlung getroffen werden, ist der Patient im Hinblick auf das Auftreten suizidaler Symptome sorgfältig zu überwachen. Darüber hinaus fehlen Langzeitdaten zur Sicherheit bei Kindern und Jugendlichen in Bezug auf Wachstum, Reifung sowie kognitive Entwicklung und Verhaltensentwicklung.

Packungsbeilage:

Besondere Vorsicht bei der Einnahme von [Arzneimittelname] ist erforderlich

Anwendung bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren

[Arzneimittelname] sollte normalerweise nicht bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren <, mit Ausnahme von Patienten mit [genehmigtes Anwendungsgebiet]>, angewendet werden. Zudem sollten Sie wissen, dass Patienten unter 18 Jahren bei Einnahme dieser Klasse von Arzneimitteln ein erhöhtes Risiko für Nebenwirkungen wie Suizidversuch, suizidale Gedanken und Feindseligkeit (vorwiegend Aggressivität, oppositionelles Verhalten und Wut) aufweisen. Dennoch kann Ihr Arzt einem Patienten unter 18 Jahren [Arzneimittelname] verschreiben, wenn er entscheidet, dass dieses Arzneimittel im bestmöglichen Interesse des Patienten ist. Wenn Ihr Arzt einem Patienten unter 18 Jahren [Arzneimittelname] verschrieben hat und Sie darüber sprechen möchten, wenden Sie sich bitte erneut an Ihren Arzt. Sie sollten Ihren Arzt benachrichtigen, wenn bei einem Patienten unter 18 Jahren, der [Arzneimittelname] einnimmt, eines der oben aufgeführten Symptome auftritt oder sich verschlimmert.  Darüber hinaus sind die langfristigen sicherheitsrelevanten Auswirkungen von [Arzneimittelname] in Bezug auf Wachstum, Reifung und kognitive Entwicklung sowie Verhaltensentwicklung in dieser Altersgruppe noch nicht nachgewiesen worden.

Begründung:

Mit dieser Maßnahme hat das BfArM eine Entscheidung der EU-Kommission vom 19. August 2005 umgesetzt (siehe Pharm. Ztg. 29/2005, Seite 76). Vor dieser Kommissionsentscheidung prüfte der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) für Arzneimittel mit einem der oben genannten Wirkstoffe die Daten aus klinischen Studien insbesondere hinsichtlich des Risikos für das Auftreten von suizidalem Verhalten bei Kindern und Jugendlichen. Aus den Studien zur Behandlung von Depressionen ergaben sich eindeutige und aus den Studien zur Behandlung von Angstzuständen schwächere Anzeichen für suizidale Verhaltensweisen. Darüber hinaus traten im Zusammenhang mit der Anwendung fast aller Arzneimittel und in allen Indikationen Anzeichen für damit verwandte unerwünschte Wirkungen wie Feindseligkeit, Selbstschädigung und emotionale Labilität auf. Anhand der verfügbaren Belege konnte nicht ausgeschlossen werden, dass diese Nebenwirkungen gruppenspezifisch sind.

Der CHMP gelangte zu dem Schluss, dass ein Warnhinweis in die Fachinformationen und in den entsprechenden Abschnitt der Packungsbeilagen von Citalopram-, Escitalopram-, Fluoxetin-, Fluvoxamin-, Mianserin-, Milnacipran-, Mirtazapin-, Paroxetin-, Reboxetin-, Sertralin- und Venlafaxin-haltigen Arzneimitteln aufzunehmen ist, aus dem eindeutig hervorgeht, dass suizidale Verhaltensweisen (Suizidversuch und Suizidgedanken) sowie Feindseligkeit (vorwiegend Aggressivität, oppositionelles Verhalten und Wut) in klinischen Studien häufiger bei mit Antidepressiva behandelten Kindern und Jugendlichen beobachtet wurde als bei Kindern und Jugendlichen, die mit Placebo behandelt wurden.

Im Falle von Atomoxetin, das lediglich zur Behandlung von Aufmerksamkeitsstörungen (ADHD) indiziert ist, ist ein Warnhinweis auf Feindseligkeit und emotionale Labilität sowie ein Hinweis auf mangelnde Wirksamkeit bei Depression aufzunehmen.

PZ 38/05