EU-weite Sicherheitsmaßnahmen zu Trasylol®
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat Anfang September 2006 die Bewertung von Aprotinin (Trasylol®) in Bezug auf Nierenfunktionsstörungen abgeschlossen und Änderungen der Produktinformationen veranlasst. Eine neue Bewertung dieses Arzneimittels wurde erforderlich, nachdem Anfang 2006 zwei Studien veröffentlicht worden waren, in denen sich ein erhöhtes Risiko von Nierenfunktionsstörungen nach Anwendung von Aprotinin gezeigt hatte. Die Bewertung wurde in der EU federführend vom BfArM und in Abstimmung mit den anderen EU-Arzneimittelbehörden vorgenommen. Die Sicherheitshinweise sind nunmehr in allen Mitgliedsstaaten einheitlich.
Aprotinin ist ein Polypeptid aus 58 Aminosäuren, das aus Rinderlungen gewonnen wird. Durch Bildung reversibler Enzym-Inhibitor-Komplexe wirkt Aprotinin als Hemmstoff von menschlichem Trypsin, Plasmin und von Plasma- und Gewebe-Kallikrein. Es wird während Bypass-Operationen infundiert, um den Blutverlust zu vermindern.
In den neuen epidemiologischen Studien waren bei Patienten, die Trasylol® erhalten hatten, nach Bypass-Operationen häufiger Nierenfunktionsstörungen aufgetreten, auch solche, die eine Dialyse-Behandlung erforderlich machen. Dies gilt vor allem für Patienten mit bereits bestehenden Nierenfunktionsstörungen. Anfang September 2006 wurde in den Produktinformationen das Anwendungsgebiet von Trasylol® präzisiert und eingeschränkt und um Hinweise auf das erhöhte Risiko, um Vorsichtsmaßnahmen und um Angaben zu den Nebenwirkungen ergänzt.
Auch zum Risiko von Überempfindlichkeitsreaktionen nach Aprotinin-Gabe nimmt das BfArM zur Zeit eine neue Bewertung für die EU vor. Überempfindlichkeitsreaktionen sind eine bekannte Nebenwirkung von Aprotinin. Deswegen sind seit langem ausführlich beschriebene Sicherheitsmaßnahmen zu beachten. Im Gegensatz zu den USA, wo 2005 eine Zunahme der Berichtszahlen zu Überempfindlichkeitsreaktionen verzeichnet wurde, ist in der EU eine solche Entwicklung nicht erkennbar. Das BfArM prüft derzeit Vorschläge von Bayer HealthCare, wie die Zahl der Überempfindlichkeitsreaktionen in der EU so weit wie möglich gesenkt werden kann, vielleicht durch einen obligatorisch durchzuführenden immunologischen Test.
Aprotinin ist auch in so genannten Gewebeklebern, die bei chirurgischen Eingriffen verwendet werden, enthalten, allerdings in wesentlich niedrigeren Mengen als in der Herzchirurgie. Das Risiko von Überempfindlichkeitsreaktionen wird in diesen Fällen als so gering beurteilt, dass weitere Sicherheitsmaßnahmen für diese Arzneimittel nicht für erforderlich angesehen werden.
PZ 39/06