Fetopathien durch Sartane (aus der UAW-Datenbank)

Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) informierte in einer Drug Safety Mail vom 15. Oktober über fetotoxische Effekte von Angiotensin-II-Antagonisten (Sartane). Sartane sind zur Behandlung der arteriellen Hypertonie, teilweise auch zur Behandlung der Herzinsuffizienz, der diabetischen Nephropathie und zur kardiovaskulären Prävention bei manifester atherothrombotischer kardiovaskulärer Erkrankung zugelassen. Derzeit sind sieben Sartane (Candesartan, Eprosartan, Irbesartan, Losartan, Olmesartan, Telmisartan, Valsartan) verfügbar. Der AkdÄ wurden in kurzem Abstand zwei Fälle gemeldet, in denen Sartane trotz bestehender Kontraindikation während der Schwangerschaft eingenommen wurden und es zu fetalen Schäden gekommen ist. Bei einer 40-Jährigen, die wegen einer arteriellen Hypertonie Candesartan einnimmt, wird in der 20. Schwangerschaftswoche eine Oligohydramnie (Verminderung der Fruchtwassermenge, kann kindliche Fehlbildungen hervorrufen) festgestellt. Nach Absetzen des Sartans nimmt die Fruchtwassermenge wieder zu. Bei dem hypotrophen Neugeborenen, in der 35. Woche per Kaiserschnitt entbunden, zeigen sich eine Nierenfunktionsstörung und Folgesymptome der passageren Oligohydramnie. Eine unzureichende Verknöcherung des Schädels, Mikrozephalie und Wachstumsretardierung sind wahrscheinlich Folge der intrauterinen Candesarten-Exposition. Auch die beim Neugeborenen festgestellte Hypertonie und Anämie stehen möglicherweise mit dem Sartan in Zusammenhang. Bei einer 39-Jährigen, die seit fünf Jahren wegen arterieller Hypertonie mit Olmesartan behandelt wird, kommt es zur fortgesetzten Einnahme bis zur 24. Schwangerschaftswoche. Eine ausgeprägte Oligohydramnie wird auf eine passagere Nierenfunktionseinschränkung des Feten zurückgeführt. Nach Absetzen des Sartans normalisiert sich die Fruchtwassermenge innerhalb von etwa zwei Wochen. Über den weiteren Verlauf liegen keine Angaben vor. Sartane können ebenso wie ACE-Hemmer nach der Organogenese die Durchblutung fetaler Organe und so deren Entwicklung beeinträchtigen. Die Anwendung im zweiten und dritten Trimenon kann daher Nierenfunktionsstörungen, Oligohydramnie und Verlangsamung der Schädelossifikation sowie beim Neugeborenen Nierenversagen, Hypotonie und Hyperkaliämie hervorrufen. Die Einnahme von ACE-Hemmern und Sartanen im ersten Schwangerschaftsdrittel wird wegen fehlender Daten nicht empfohlen und ist im zweiten und dritten Trimenon explizit kontraindiziert. In der Datenbank des deutschen Spontanmeldesystems (gemeinsame Datenbank von BfArM und AkdÄ, Stand August 2010) sind insgesamt 2618 Verdachtsberichte unerwünschter Arzneimittelwirkungen von Sartanen erfasst. Davon beziehen sich 49 auf Schwangerschaft, Wochenbett und Perinatalzeit. Die in diesen Fällen am häufigsten genannten Reaktionen sind Frühgeburten, Oligohydramnie, fetale Wachstumsverzögerungen, Fehlgeburten sowie Störungen der Nierenfunktion. Frauen im gebärfähigen Alter mit Kinderwunsch, die eine antihypertensive Medikation benötigen, sollen vorzugsweise Arzneimittel verordnet werden, die auch während einer Schwangerschaft eingenommen werden können. Als Medikament der ersten Wahl gilt Methyldopa. Häufig angewendet wird auch Metoprolol. Als Mittel der zweiten Wahl kommt Nifedipin infrage. Calciumantagonisten sollen aber im ersten Trimenon zurückhaltend verordnet werden. Allerdings beruht dies auf theoretischen Überlegungen (Calciumabhängigkeit von embryonalen Differenzierungsprozessen) und tierexperimentellen Daten, die sich beim Menschen bisher nicht bestätigen ließen. Frauen im gebärfähigen Alter, die einen ACE-Hemmer oder ein Sartan einnehmen, sollen über die Risiken bei einer Schwangerschaft und die Notwendigkeit einer rechtzeitigen Umstellung aufgeklärt werden. Ausführliche Informationen zur Arzneimittelsicherheit in Schwangerschaft und Stillzeit finden sich im Internet unter www.embryotox.de. Quelle:
www.akdae.de/Arzneimittelsicherheit/Bekanntgaben/Archiv/2010/20101015.html PZ 42/10