Gastrointestinale Perforationen bei Tumorpatienten unter Bevacizumab

In einer Drug Safety Mail vom 15. Februar 2010 informiert die AkdÄ  über eine Metaanalyse, die das Risiko von gastrointestinalen Perforationen unter Bevacizumab (Avastin®) untersucht hat (1).
Bevacizumab ist ein monoklonaler Antikörper, der die Gefäßneubildung und somit das Tumorwachstum hemmt. Zugelassen ist Bevacizumab in Kombination mit einer Chemotherapie bei metastasiertem Kolon- oder Rektumkarzinom, metastasiertem Mammakarzinom und beim fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom sowie in Kombination mit Interferon alfa-2a beim fortgeschrittenen beziehungsweise metastasierten Nierenzellkarzinom.
Hapani et al. haben anhand der Daten von etwa 12.300 Patienten eine Inzidenz von 0,9 Prozent für gastrointestinale Perforationen unter Bevacizumab berechnet. Die Letalität lag bei 21,7 Prozent. Das Risiko war für Patienten unter Bevacizumab signifikant höher als unter herkömmlichen Zytostatika. Dabei variierte das Risiko abhängig vom Tumortyp und der Dosis von Bevacizumab. Am höchsten war es bei Patienten mit kolorektalen Karzinomen und mit Nierenzellkarzinomen. Während das relative Risiko bei Behandlung mit einer Bevacizumab-Dosis von 2,5 mg/kg pro Woche bei 1,61 lag, stieg es bei einer Dosis von 5 mg/kg pro Woche auf 2,67.
In der Fachinformation von Avastin® werden Magen-Darm-Perforationen als häufige unerwünschte Arzneimittelwirkung angeführt. Die neuen Daten ermöglichen es, das Risiko für eine gastrointestinale Perforation besser abzuschätzen und den Patienten entsprechend aufzuklären. Faktoren wie Divertikulitiden und Ulzerationen in der Vorgeschichte, Bestrahlung des Abdomens, kürzlich durchgeführte Endoskopien, Art des Tumors, Darmwandbeteiligung und abdominelle Metastasen von Kolonkarzinomen sowie die Dosis von Bevacizumab sollen bei der Risikoabschätzung berücksichtigt werden. In einer großen prospektiven Kohortenstudie zur Sicherheit und Wirksamkeit von Bevacizumab beim metastasierten Kolonkarzinom war ein Lebensalter über 65 Jahre ein weiterer Risikofaktor für gastrointestinale Perforationen (2).
Nach Ansicht von Hapani et al. könne die erneute Behandlung mit Bevacizumab nach einer Perforation gerechtfertigt sein. Voraussetzung hierfür sei, dass der Tumor sehr gut angesprochen habe und dass eine konkrete Ursache der Perforation (zum Beispiel ein Ulkus oder ein einzelnes Divertikel) vorgelegen habe, die außerdem erfolgreich behandelt worden sei. Auf Grund der jetzt gezeigten Dosisabhängigkeit des Risikos von Perforationen könne in seltenen Fällen eine Fortführung in niedrigerer Dosierung (2,5 mg/kg/Woche) in Betracht gezogen werden.
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1. Hapani, S. et al: Risk of gastrointestinal perforation in patients with cancer treated with bevacizumab: A meta-analysis. Lancet Oncol. 10 (2009) 559-568.  
2. Kozloff, M. et al.: Clinical outcomes associated with bevacizumab-containing treatment of metastatic colorectal cancer: The BRiTE observational cohort study. Oncologist 14 (2009) 862–70.
PZ 07/10