Nachfüllflüssigkeiten für E-Zigaretten
Trotz verschiedener Warnungen blüht derzeit das Geschäft mit elektr(on)ischen Zigaretten oder E-Zigaretten. Sie haben Form und Größe herkömmlicher Zigaretten, allerdings bestehen sie aus einer Batterie und einer Verdampfer- oder Verneblereinheit, in der eine Lösung („E-Liquid“) erhitzt oder vernebelt wird. Der Dampf oder das Aerosol wird inhaliert. Daher sollen schädliche Verbrennungsprodukte wie Teer, Kohlenmonoxid und viele weitere Verbindungen nicht freigesetzt werden. Entsprechend werden die Produkte als “unschädlicher“ Zigarettenersatz oder sogar zur Raucherentwöhnung angeboten. Die verwendeten Lösungen, die von den Anbietern im Internet auch als Nachfüllflüssigkeiten zu beziehen sind, enthalten unter anderem Nicotin in unterschiedlichen Konzentrationen, verschiedenste Aromen (von Apfel-Mango bis Whisky Sour) sowie als Lösungsmittel Propylenglykol. Offenbar haben nun mehrfach die Benutzer von E-Zigaretten in Apotheken nach den Bestandteilen dieser Lösungen gefragt, um sie selbst herzustellen. Es wurde auch versucht Nicotin als Substanz zu kaufen. In anderen Fällen sollten Apotheken die Lösungen herstellen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung sieht mögliche Gefahren der Produkte ungeklärt: Eine Bewertung der gesundheitlichen Risiken von elektronischen Zigaretten, sei derzeit nicht möglich, da es keine Informationen zur Nicotin-Exposition des Verbrauchers gebe. Aufgrund der Daten von Nicotin-haltigen Arzneimitteln, die zur inhalativen Anwendung zugelassen wurden, sei davon auszugehen, dass erhebliche Nicotinmengen absorbiert würden. Das hochtoxische Alkaloid birgt ein erhebliches Vergiftungsrisiko. Auch an akzidentelle Vergiftungen bei Kindern ist zu denken. Darüber hinaus gibt es Hinweise auf Risiken durch inhaliertes Propylenglykol. Auch mögliche Langzeitrisiken sind nicht geklärt. Abgesehen von diesen grundsätzlichen Bedenken gegen die E-Zigarette besteht im Fall der Selbstherstellung aus Chemikalien das Risiko von Nicotin-Überdosierungen, für das die Apotheke mitverantwortlich gemacht werden könnte. Wir verweisen auf unsere AMK-Nachricht „Was muss bei der Chemikalienabgabe beachtet werden?“ (Pharm. Ztg. Nr. 4 vom 22. Januar 2009, Seite 107-108). Danach soll jeder Kunde, der eine Chemikalie erwerben möchte, genauestens nach dem Verwendungszweck befragt werden. Die Chemikalie soll nur dann abgegeben werden, wenn der Kunde legale und vernünftige Zwecke angibt, die für die Apotheke nachvollziehbar sind. Die Apotheke muss auch dafür Sorge tragen, dass der Kunde sich selbst und andere nicht gefährdet. Im Falle von Chemikalien zur Herstellung von Nachfülllösungen für E-Zigaretten sind diese Bedingungen aus Sicht der AMK nicht erfüllt.
Auch die Anfertigung und Abgabe der Lösungen in der Apotheke ist fragwürdig: Selbst bei vorgegebener Nicotinkonzentration kann die Apotheke nicht abschätzen, welche Nicotinmengen durch das jeweilige Gerät aus der Lösung abgegeben werden. Darüber hinaus ist der rechtliche Status der Produkte in Deutschland und in der EU ungeklärt; behördliche Einschätzungen einzelner E-Zigaretten als zulassungspflichtige (und derzeit nicht zugelassene) Arzneimittel wurden bekannt. Möglich wäre auch eine Einstufung als Medizinprodukt.
Aus diesen Gründen rät die Arzneimittelkommission dringend davon ab, den genannten Kundenwünschen nachzukommen. Quellen:
BfR: BfR rät zur Vorsicht im Umgang mit elektronischen Zigaretten (www.bfr.bund.de/cm/343/bfr_raet_zur_vorsicht_im_umgang_mit_elektronischen_zigaretten.pdf )
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzGA); Pressemitteilung „Gesundheitliche Risiken von E-Zigaretten nicht unterschätzen“ (19.12.2011)
PZ 06/12