Neue Nebenwirkungen melden
Ein Arzneimittel, das neu auf den Markt kommt, kann nicht in allen Einzelheiten seines Wirk- und Risikoprofils bekannt sein. Klinisch geprüft wird es an wenigen Hundert oder Tausend Patienten über begrenzte Zeiträume. Erst, wenn das Arzneimittel zugelassen und im Verkehr ist, kann es bei einer größeren Zahl von Patienten und über längere Zeit angewandt werden. Dann erst zeigen sich seltenere Risken, die zuvor nicht aufgefallen sind. Ein Beleg dafür sind Marktrücknahmen von Arzneimitteln schon kurz nach ihrer Einführung (zum Beispiel Mibefradil, Cerivastatin).
Unbekannte Risiken sind vor allem bei neuen Arzneistoffen zu erwarten; aber auch alle Arzneimittel, die unter neuen Bedingungen angewandt werden, sollten besonders sorgfältig beobachtet werden:
- Übergang von der Verschreibungspflicht in die Selbstmedikation
- Neue Indikationen
- Zulassung für neue Applikationswege
- Erweiterung der Zulassung auf neue Patientengruppen (zum Beispiel Kinder)
- Veränderte Verschreibungsgewohnheiten der Ärzte
Die Aufmerksamkeit der Apotheken ist naturgemäß von besonderer Bedeutung bei Arzneimitteln, die in der Selbstmedikation angewandt werden. Wenn daher ein Arzneimittel aus der Verschreibungspflicht entlassen wird, wie gegenwärtig das Migränetherapeutikum Naratriptan (in Einzeldosen bis 2,5 mg und in Packungsgrößen bis zu 5 mg), sollten die Apotheken ihre Kunden auch aktiv nach ihren Erfahrungen mit der Anwendung und der Verträglichkeit befragen.
Apothekerinnen und Apotheker sind nach den Berufsordnungen der Kammern verpflichtet, bei der Erfassung von Arzneimittelrisiken mitzuwirken. Ihre Feststellungen in diesem Zusammenhang sollen sie der AMK unverzüglich mitteilen.
Informationen aus Apotheken beruhen meist auf subjektiven Einschätzungen der Patienten. Die Apotheken kennen weder die genaue Diagnose noch Laborwerte oder Ergebnisse ärztlicher Untersuchungen. Dennoch ist es wichtig, auch diese Verdachtsfälle zu dokumentieren und an uns weiterzugeben, damit die Information nicht verloren geht. Meldungen über unerwünschte Wirkungen, die bei uns eingehen, werden unkommentiert an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte weiter geleitet.
Die Dokumentation einer unerwünschten Wirkung soll so viele Einzelheiten wie möglich enthalten. Obligatorisch sind folgende Angaben:
- Eine genaue Beschreibung der unerwünschten Wirkung
- Initialen, Geschlecht und Alter des Patienten (um Doppelmeldungen erkennen zu können)
- Das in Verdacht stehende Arzneimittel möglichst mit Dosierung
- Der Berichtende (Absender)
Darüber hinaus sind für die Einschätzung einer unerwünschten Arzneimittelwirkung die Diagnosen (Krankheiten) des Patienten und seine Lebensweise (Nikotin, Alkohol) sowie seine gesamte Medikation bedeutsam. Außerdem sind Angaben über den zeitlichen Zusammenhang der unerwünschten Wirkung mit der Einnahme des verdächtigten Arzneimittels (zum Beispiel sofortiger oder verzögerter Eintritt nach Behandlungsbeginn; Sistieren oder Weiterbestehen nach Absetzen, erneutes Auftreten nach Reexposition) hilfreich.
Meldungen über unerwünschte Arzneimittelwirkungen nimmt die AMK auf dem bekannten Berichtsbogen entgegen, der per Post oder Telefax versandt oder direkt im Internet ausgefüllt und per E-Mail an uns geschickt werden kann.
Bei Meldungen über unerwünschte Arzneimittelwirkungen ist es meist nicht sinnvoll, das Arzneimittel zur Untersuchung einzuschicken, da hier die Ursache in der Regel nicht in Qualitätsmängeln liegt.
PZ 14/06