Tödliches Leberversagen unter Pioglitazon
Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) informiert auf ihrer Homepage über Leberversagen unter dem Antidiabetikum Pioglitazon (Actos®). Dieses gehört wie Rosiglitazon (Avandia®) zu den Thiazolidindionen oder Glitazonen und ist zur oralen Monotherapie des Diabetes mellitus Typ 2 zugelassen, besonders bei übergewichtigen Patienten, deren Diabetes nur unzureichend durch Diät und körperliche Bewegung kontrolliert wird und bei denen Metformin nicht eingesetzt werden kann. Außerdem ist es zusätzlich zu einer oralen Monotherapie mit Metformin oder einem Sulfonylharnstoff zugelassen, wenn trotz der maximal verträglichen Dosis keine ausreichende Blutzuckerkontrolle erreicht wird. Actos® wurde 2004 mit 17,9 Mio. DDD (?defined daily dose?, definierte Tagesdosis: typische Dosis in der Hauptindikation bei Erwachsenen) verordnet, bei stark steigender Tendenz (+36,3 Prozent). Für Avandia® lag die Verordnungshäufigkeit bei 12,9 Mio. DDD (+5,6 Prozent).
Ein 63-jähriger Patient wurde mit Ikterus in eine Klinik aufgenommen. Seit drei Wochen klagte er über Unwohlsein. Drei Monate zuvor hatte der behandelnde Arzt die Diabetes-Medikation von Gliclazid auf Pioglitazon umgestellt. Der Patient erhielt außerdem zur Blutdrucksenkung Lercanidipin und hatte für wenige Tage ein Cephalosporin eingenommen. Bei der Aufnahme waren Bilirubin, alkalische Phosphatase, Aminotransferasen (Transaminasen) und Kreatinin stark erhöht. Der Patient entwickelte eine Enzephalopathie und eine Azidose und wurde auf eine Intensivstation verlegt. Es fanden sich keine Zeichen einer infektiösen Hepatitis oder einer chronischen Leberkrankheit: Das sonographische Erscheinungsbild der Leber war normal. Neun Tage später verstarb der Patient.
In der UAW-Datenbank von BfArM und AkdÄ sind 85 Verdachtsfälle unerwünschter Arzneimittelwirkungen in Zusammenhang mit Pioglitazon erfasst. In elf Prozent der Spontanmeldungen wird über Störungen der Leber-Galle-Funktion berichtet. Ein Fall betraf ein Leberversagen. Aus Studien wurden dem BfArM 13 Fälle erhöhter Leberenzymaktivitäten gemeldet. Auch für Rosiglitazon liegen Meldungen über zum Teil schwere Leberfunktionsstörungen vor. Von 258 erfassten Berichten betrafen acht Prozent Leber-Galle-Reaktionen. Die AkdÄ hatte deshalb bereits 2001 vor einer möglichen Hepatotoxizität der Glitazone gewarnt. Im vorliegenden Fall kann die gleichzeitige kurzfristige Cephalosporingabe eine zusätzliche Rolle gespielt haben.
In der Fachinformation zu Actos® wird auf das mögliche Risiko einer Leberschädigung hingewiesen und ausdrücklich eine regelmäßige Kontrolle der Leberenzyme empfohlen. Auch die AkdÄ rät zu sehr kritischer Indikationsstellung und zu einer sorgfältigen Überwachung der mit Glitazonen behandelten Patienten. Die Leberwerte sollen während der ersten Monate einer Therapie monatlich kontrolliert werden. Treten Symptome auf, die auf eine Leberdysfunktion hinweisen (zum Beispiel Übelkeit, Erbrechen, Oberbauchbeschwerden, Müdigkeit, dunkler Urin), ist umgehend eine weitergehende Untersuchung (Leberenzyme) zu veranlassen. Tritt ein Ikterus auf, muss das Glitazon sofort abgesetzt werden.
PZ 15/06