Was muss bei der Chemikalienabgabe beachtet werden?

In der Geschäftsstelle der AMK gehen häufig Anfragen zur Abgabe von Chemikalien für nicht-arzneiliche Zwecke an Privatpersonen ein (zum Beispiel als Hobby-Bedarf, Verwendung in Lebensmitteln, Kosmetika): Die Apotheken sind häufig unsicher, ob eine bestimmte Chemikalie missbräuchlich (zum Beispiel für die unerlaubte Suchtstoff- oder Explosivstoff-Herstellung) verwendet werden kann und an eine Privatperson abgegeben werden darf.

Die Apotheke ist nicht verpflichtet, Chemikalien abzugeben, denn im Gegensatz zur Arzneimittelabgabe besteht hier kein Kontrahierungszwang. Grundsätzlich entscheidet jede ApothekenleiterIn selbst über die Abgabe einer Chemikalie. Allerdings sind dabei mehrere gesetzliche Bestimmungen zu beachten: zum Beispiel Grundstoffüberwachungsgesetz, Chemikaliengesetz, Gefahrstoffverordnung und Chemikalienverbotsverordnung. Diese Gesetzes- und Verordnungstexte finden sich in den üblichen Gesetzessammlungen, zum Beispiel in Wilson-Blanke: Apotheken- und Arzneimittelrecht, Govi-Verlag, Frankfurt.

Jeder Kunde, der eine Chemikalie erwerben möchte, soll genauestens nach dem Verwendungszweck befragt werden. Die Chemikalie soll nur dann abgegeben werden, wenn der Kunde legale und vernünftige Zwecke angibt, die für die Apotheke nachvollziehbar sind. Wird ein Verwendungszweck angegeben, der nicht ohne Weiteres plausibel ist, sollte der Kunde die entsprechende Quelle nachweisen. Ist die Chemikalie für den gewünschten Verwendungszweck nicht erlaubt oder nicht sinnvoll, kann die Apotheke dem Kunden unter Umständen geeignete Alternativen empfehlen. Bleiben Zweifel darüber bestehen, ob der Kunde den tatsächlich beabsichtigten Verwendungszweck angegeben hat, oder ob der Verwendungszweck zulässig ist, soll die Abgabe verweigert werden.

Bestimmte Gefahrstoffe, z. B. Sprengstoffgrundstoffe, dürfen nach Chemikalienverbotsverordnung nur abgegeben werden, wenn der Erwerber über 18 Jahre alt ist und Namen sowie Anschrift bekannt sind. Eine formlose Empfangsbestätigung mit Bezeichnung und Menge der Chemikalie, dem Verwendungszweck sowie dem Datum und dem Namen des Abgebenden ist vom Erwerber zu unterzeichnen. Es ist empfehlenswert, auch bei der Abgabe anderer Chemikalien eine Empfangsbestätigung auszustellen und so den Verwendungszweck vom Kunden bestätigen zu lassen. Ein Muster für eine solche Empfangsbestätigung findet sich zum Beispiel in R.-W. Kopp, Infosys Gefahrstoffe, Govi-Verlag, abgedruckt in Gebler, H., Diedrich, R., Gifte und gefährliche Stoffe - praxisnah, Govi-Verlag, Eschborn 2008.

Die Apotheke muss auch dafür Sorge tragen, dass der Kunde sich selbst und andere nicht gefährdet. Dazu gehört selbstverständlich die Deklaration des Abgabegefäßes nach Gefahrstoffverordnung sowie zusätzlich bei bestimmten Gefahrstoffen (sehr giftige, giftige, brandfördernde und hochentzündliche Gefahrstoffe sowei bei Stoffen oder Zubereitungen, die mit R-Sätzen R40, R62, R63 oder R68 zu kennzeichnen sind) eine mündliche Unterweisung über Gefahren, Vorsichtsmaßnahmen und Maßnahmen bei versehentlichem Verschütten sowie Hinweise zur ordnungsgemäßen Entsorgung. Die Sicherheitsdatenblätter nach Gefahrstoffverordnung, die bei der Erstabgabe einer Chemikalie an gewerbliche Abnehmer vorgeschrieben sind, können hierbei hilfreich sein. Bei der Abgabe giftiger, sehr giftiger und ätzender Zubereitungen an private Verbraucher ist zusätzlich eine schriftliche Gebrauchsanweisung mitzugeben.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass für einige umweltschädliche Chemikalien ein eingeschränktes oder vollständiges Abgabeverbot besteht. Ein absolutes Abgabeverbot an private Endverbraucher besteht auch für kanzerogene, mutagene oder reproduktionstoxische Stoffe (CMR-Stoffe) der Kategorien 1 oder 2 (siehe auch Pharmazeutische Zeitung. Nr. 45). Bei der Abgabe für gewerbliche Zwecke muss die Verpackung die Aufschrift "Nur für den berufsmäßigen Verwender" tragen. Weitere Stoffe bzw. Stoffgruppen, für die ein Abgabeverbot gilt, sind im Anhang der Chemikalienverbotsverordnung aufgelistet. Für Arzneimittel, die solche Stoffe enthalten, gilt dies aber nicht.

Werden in der Apotheke Stoffe verlangt, die zur illegalen Drogenherstellung verwendet werden können, sind die Vorschriften des Grundstoffüberwachungsgesetzes zu beachten (siehe Pharmazeutische Zeitung Nr. 33 vom 19.09.2005, Seite 6 ). Die Grundstoffe werden in drei Kategorien eingeteilt. Ist der Verwendungszweck legal und plausibel und besteht kein Verdacht auf illegale Drogenherstellung, können die Stoffe der Kategorien 2 und 3 abgegeben werden. Für Stoffe der Kategorie 1 muss der Erwerber eine Erlaubnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vorlegen. Darüber hinaus besteht Dokumentationspflicht für die Abgabe von Stoffen der Kategorien 1 und 2 mit Hilfe der Endverbleibserklärung, in der der Kunde den genauen Verwendungszweck angibt.

PZ 04/09