Wechselwirkung zwischen Brivudin (Zostex®) und 5-Fluorouracil
Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) weist auf die mehrfach falldokumentierte, potentiell tödliche Wechselwirkung zwischen dem Virustatikum Brivudin und dem Zytostatikum 5-Fluorouracil (5-FU) hin. Der AkdÄ liegen insgesamt 3 Fälle vor, davon 2 mit letalem Ausgang. Aus der Schweiz ist ein weiterer Fall mit tödlichem Ausgang beschrieben.
Bromvinyluracil, der virustatisch unwirksame Hauptmetabolit von Brivudin, hemmt die Dihydropyrimidindehydrogenase irreversibel. Die Dihydropyrimidindehydrogenase reguliert den Abbau sowohl von körpereigenen Nukleosiden als auch von exogenen Nukleosiden wie 5-FU.
Werden beide Arzneistoffe gleichzeitig eingenommen, akkumuliert 5-FU und seine Toxizität erhöht sich. Die Anwendung von Brivudin unter einer Chemotherapie mit 5-FU ist daher absolut kontraindiziert. Dies gilt auch bei topisch angewandten 5-FU-Zubereitungen. Entsprechend gilt diese absolute Kontraindikation auch für Arzneistoffe deren aktiver Metabolit 5-FU ist, wie zum Beispiel Capecitabin (Xeloda®), Tegafur (UFT® Hartkapseln) und Flucytosin (Ancotil®).
Durch körpereigene Neusynthese ist die volle Wirkung der Dihydropyrimidindehydrogenase 18 Tage nach Beendigung der Brivudineinnahme wieder hergestellt. Aus Sicherheitsgründen sollte der zeitliche Abstand zwischen der Therapie mit Brivudin und dem Beginn einer Behandlung mit 5-FU mindestens 4 Wochen betragen. Wird irrtümlich doch eine gleichzeitige Behandlung mit Brivudin und 5-FU oder damit verwandten Arzneistoffen durchgeführt, sind beide sofort abzusetzen. Die stationäre Aufnahme ist empfehlenswert, um wirkungsvoll Maßnahmen zur Toxizitätsminderung von 5-FU durchzuführen.
Im Vordergrund der toxischen Wirkung von 5-FU steht die Schleimhauthautschädigung mit Symptomen wie Mukositis und Diarrhoe. Außerdem können auftreten Übelkeit und Erbrechen.
Toxische Wirkungen des erhöhten 5-FU-Spiegels auf das blutbildende Knochenmark führen zu Leuko- und Thrombozytopenien, so dass die Patienten akut infektionsgefährdet sind und Störungen der Blutgerinnung aufweisen können.
Besonders wichtig ist der Hinweis, dass zwar bei Zostex® auf diese potentiell tödliche Wechselwirkung in der Gebrauchs- und Fachinformation hingewiesen wird, aber bei einigen 5-FU haltigen Arzneimitteln wie 5-FU Lederle (Riemser Arzneimittel, Stand Februar 2003) und Tegafur (UFT® Hartkapseln, Merck Pharma, Stand November 2005) dieser Hinweis fehlt.
In der Gebrauchsinformation für Brivudin fehlt der Hinweis, dass auch eine länger zurückliegende Behandlung mit diesem Mittel dem weiterbehandelnden Arzt mitzuteilen ist.
Da die beschriebenen Nebenwirkungen bei rechtzeitiger Information vermeidbar sind, bittet die AMK um besondere Beachtung und aktive Information bei der Abgabe dieser Arzneimittel.
PZ 28/06