E-Health und Telematik
Die Digitalisierung hat mittlerweile alle Bereiche des Gesundheitswesens durchdrungen und wird zu nachhaltigen Veränderungen bestehender Strukturen und Prozesse führen. Bei diesen Entwicklungen will die Apothekerschaft aktiv und gestaltend mitwirken.
Früher als viele andere Akteure im Gesundheitswesen haben die Apotheker damit begonnen, die Informationstechnologie (IT) systematisch und umfassend für ihre tägliche Arbeit einzusetzen: Von der Bestellung der Arzneimittel beim Großhandel und der Verwaltung der Lagerbestände über die Umsetzung von Rabattverträgen und die datenbankgestützte Prüfung von Neben- oder Wechselwirkungen von Medikamenten bis hin zur Abrechnung mit den Krankenkassen über die Rechenzentren.
Auf der Bundesebene betreibt der DAV das Online-Vertragsportal (OVP) für Hilfsmittel- und andere Verträge und ist zudem Partner beim Großhandelsbestellverfahren MSV 3. Die ABDA ist Mitglied von "securPharm" zur europaweiten Abwehr von Arzneimittelfälschungen sowie Berater und Unterstützer der Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen (ARMIN) – Projekte, die ohne eine umfassende IT-Architektur gar nicht denkbar wären.
Basierend auf den zurückliegenden und laufenden Gesetzesinitiativen des Bundesgesundheitsministeriums zur Forcierung der Entwicklung und Einführung neuer digitaler Angebote für die Patientinnen und Patienten (z.B. eRezept, ePA) ist es für die Apothekerschaft von besonderer Wichtigkeit, eigene digitale Angebote zur Verbesserung der Versorgungsqualität zu entwickeln und bereitzustellen.
Im „E-Health-Dschungel“ immer neuer Ideen und Projekte gibt das Positionspapier „E-Health: Ethische Grundsätze“ der Apothekerschaft eine stabile Werteorientierung. In zehn Punkten werden darin normative Grundsätze beschrieben, die als Leitplanken für den Umgang mit der weiteren Digitalisierung im Gesundheitswesen und der Entwicklung eigener digitaler Dienstleistungsangebote dienen. So wird darin u. a. der Grundsatz formuliert, dass der Digitalisierungsprozess für die Apothekerinnen und Apotheker kein Selbstzweck sein darf, sondern sich "konsequent am Patientenwohl" orientieren muss.
Aufgenommen wird dieser Grundgedanke auch in einem gemeinsamen „letter of intent“ (Absichtserklärung) zur Entwicklung und Umsetzung einer gemeinsamen digitalen Agenda von Apotheker-, Ärzte- und Zahnärzteschaft. ABDA, Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) bekennen sich zum Ausbau der Telematikinfrastruktur (TI) und fordern die kontinuierliche Weiterentwicklung der Regelungen zum Datenschutz, sichere elektronische Kommunikationsmöglichkeiten zwischen den Leistungserbringern sowie einheitliche Standards für die elektronische Patientenakte (ePA).
Die TI soll künftig als „Datenautobahn“ dem Austausch von Gesundheitsinformationen zwischen Leistungserbringern (Apothekern, Ärzten etc.), Kostenträgern (Krankenkassen) und Patienten dienen. Die notwendigen Standards und die Netzstruktur setzt dabei die gematik um, zu deren Gesellschaftern neben dem GKV-Spitzenverband und den Organisationen der Krankenhäuser, Ärzte und Zahnärzte auch der DAV gehört. Seit 2019 hält der Bund durch das Bundesgesundheitsministerium eine 51 %-ige gematik-Mehrheit.
Die TI soll die Voraussetzungen schaffen, dass personenbezogene Gesundheitsdaten sicher und geschützt transportiert und verarbeitet werden können. Auf die hochsensiblen Patientendaten dürfen nur berechtigte Personen über ein Zwei-Schlüssel-Prinzip zugreifen. Der Patient hat einen Zugangsschlüssel in Form der elektronischen Gesundheitskarte (eGK). Apotheker legitimieren sich – wie andere Heilberufsgruppen auch – über den Heilberufsweis (HBA) sowie die Institutionenkarte (SMC-B - Security Module Card Typ-B) ihrer Apotheke. Die Verbindung zur TI wird hergestellt über eine besondere Hardware, den Konnektor.
Die Grundlagen für die Einführung der TI sind in § 291 SGB V (Sozialgesetzbuch) geregelt. Nach zahlreichen Verzögerungen hat der Gesetzgeber 2016 im „Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen“ (E-Health-Gesetz) einen neuen Zeitrahmen definiert. Es folgten 2019 das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) und das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV). Demnach müssen die Krankenkassen ihren Versicherten ab 1. Januar 2021 eine ePA anbieten; die Festlegung ihrer Inhalte obliegt federführend den Kassenärzten. Im Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) wurde festgelegt, dass Apotheken bis zum 30. September 2020 an die TI angeschlossen werden sollen.