Selbstmedikation
Etwa 45 Prozent der Arzneimittel, die in Apotheken abgegeben werden, sind nicht verschreibungspflichtig. Die Beratung zu diesen Arzneimitteln ist eine essentielle Aufgabe der öffentlichen Apotheken. Die Selbstmedikation ist ein zentraler Baustein der Gesundheitsversorgung in Deutschland. Sie bietet den Menschen die Möglichkeit, sich bei leichteren Erkrankungen und Befindlichkeitsstörungen schnell, wirksam und sicher selbst zu behandeln, Gesundheitsbeschwerden vorzubeugen oder eine ärztliche Therapie ergänzend zu unterstützen. Der Apotheker agiert hier als (Erst-)Versorger, aber auch als Lotse in einem immer komplexer werdenden Gesundheitssystem. Für das Gesundheitssystem bildet die Selbstmedikation eine effiziente Alternative bzw. Ergänzung zur ärztlichen Versorgung mit einer erheblichen Entlastung für Krankenversicherungen und Volkswirtschaft.
In der Selbstmedikation kommen überwiegend OTC-Arzneimittel (engl. Over-The-Counter), zum Einsatz. Etwa 580 Millionen Packungen dieser rezeptfreien, aber apothekenpflichtigen Medikamente werden jährlich an Apothekenkunden in Deutschland abgegeben. Hinzu kommen in geringerem Umfang frei verkäufliche Arzneimittel, Nahrungsergänzungsmittel und andere Gesundheitsprodukte.
In ihrem Perspektivpapier „Apotheke 2030“ haben sich die öffentlichen Apotheken dazu bekannt, ihre Patienten individuell und grundsätzlich evidenzbasiert zu beraten, dabei aber auch deren Wünsche und Bedürfnisse hinsichtlich der Therapie im Blick zu behalten. Hilfestellungen erhalten sie dabei unter anderem durch EVInews, einen regelmäßigen Newsletter mit wissenschaftlichen Informationen zur evidenzbasierten Selbstmedikation mit angegliederter Datenbank. Das Angebot geht auf einen Beschluss des Deutschen Apothekertages zurück, wird von der Abteilung Klinische Pharmazie der Universität Leipzig in Kooperation dem dortigen Zentrum für Arzneimittelsicherheit durchgeführt und von der ABDA unterstützt.
Der Anspruch an OTC-Arzneimittel auf Wirksamkeit, Produktsicherheit und Qualität wird unter anderem durch Studien abgesichert. OTC-Arzneimittel werden durch die zuständige Behörde, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), geprüft und zugelassen. Bei bestimmungsgemäßer und richtiger Anwendung sind OTC-Arzneimittel sicher und gut verträglich.
Der DAV unterhält einen Ausschuss, in dem sich die OTC-Beauftragten der Landesapothekerverbände regelmäßig treffen, um sich mit aktuellen Fragen der Selbstmedikation auseinanderzusetzen.
Grünes Rezept
Ärzte können ihren Patienten rezeptfreie Arzneimittel empfehlen, indem sie ein Grünes Rezept ausstellen. Das Grüne Rezept wurde 2004 über eine Initiative des Deutschen Apothekerverbandes (DAV), der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller (BAH) und des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI) eingeführt. Hintergrund war, dass damals apothekenpflichtige Medikamente bis auf wenige Ausnahmefälle, z.B. bei Kindern, aus der Erstattungsfähigkeit der Gesetzlichen Krankenversicherung herausgenommen, um Kosten einzusparen.
Dem Patienten signalisiert die Empfehlung auf dem Grünen Rezept, dass der Arzt die Anwendung des Arzneimittels aus medizinischer Sicht für notwendig erachtet. Gleichzeitig dient das Grüne Rezept dem Patienten als Merkhilfe bezüglich Name, Wirkstoff und Darreichungsform. Auch für den Arzt behält damit bei zukünftigen Behandlungen leichter den Überblick, welche Arzneimittel der Patient nimmt.
Grundsätzlich bezahlt ein Patient, die auf einem Grünen Rezept verordneten Präparate selbst. Jedoch haben Krankenkassen seit 2012 die Möglichkeit, die Erstattung von OTC-Präparaten als Satzungsleistung anzubieten. Etwa zwei Drittel der Kassen machen von dieser Möglichkeit Gebrauch. Mit grünem Rezept und Apothekenquittung können Patienten eine Erstattung Ihrer rezeptfreien Arzneimittel beantragen.
Das Grüne Rezept kommt mittlerweile recht häufig zum Einsatz. Etwa 50 Millionen Mal haben Ärzte es 2018 genutzt. Arztpraxen haben die Möglichkeit, die Vordrucke kostenfrei zu bestellen.